(Registrieren)

Berliner Morgenpost: Der Kampf gegen Piraten erfordert neue Strategien - Kommentar

Geschrieben am 10-04-2009

Berlin (ots) - In Deutschland stritten Innenministerium und
Marine, wer denn für eine Kommandoaktion zur Befreiung deutscher
Besatzungsmitglieder aus der Gewalt somalischer Piraten
verantwortlich sei - im Ergebnis wurde die Geiselnahme fortgesetzt.
Auf einem amerikanischen Frachter nahm die unbewaffnete Mannschaft
den Kampf gegen die Seeräuber auf, brachte einen Pirat vorübergehend
in ihre Gewalt, konnte dann aber nicht verhindern, dass die Angreifer
zunächst mit dem (renitenten) Kapitän als Geisel im Beiboot flohen.
Der deutsche Kompetenzwirrwarr lässt den FDP-Maritimexperten Rainer
Stinner bereits eine "dringende und akribische Aufklärung im
Parlament" fordern. Die entschlossene Reaktion der amerikanischen
Besatzung ruft hingegen nach Hollywood. Doch dieser
grundunterschiedliche Umgang mit Attacken der Seeräuber sollte nicht
nur Empörung über Bürokratie auf der einen und Bewunderung für
heroische Gegenwehr auf der anderen Seite erwecken, sondern das
Fehlen einer stringenten Strategie der seehandeltreibenden Nationen
im Kampf gegen die Piraten deutlich machen. Der von der Nato
unterstützte Marineeinsatz "Atalanta" der EU jedenfalls löst die
Probleme nicht.
So stellt sich zunächst die Frage, warum im aktuellen Fall des
entführten deutschen Frachters "Hansa Stavanger" mit einem deutschen
Kapitän und vier weiteren deutschen Besatzungsmitgliedern an Bord die
Polizisten der Spezialeinheit GSG 9 von Innenminister Wolfgang
Schäuble für einen Kommandoeinsatz bereitstanden, offenkundig aber
nicht die KSK-Elitesoldaten, die von Verteidigungsminister Franz
Josef Jung befehligt werden.
Doch selbst wenn es zum Zugriff käme: Die deutsche Politik (bei den
europäischen Nachbarn sieht es ganz ähnlich aus) ist keineswegs
erpicht darauf, Piraten vor eigene Gerichte zu stellen. Dies soll nur
geschehen, wenn ein "hinreichendes deutsches
Strafverfolgungsinteresse" vorliegt - was im Fall der "Hansa
Stavanger" nun wohl kaum noch weggeleugnet werden kann. Aber wegen
der erkennbaren Angst, verhaftete Piraten, denen ein Verbrechen aus
welchen Gründen auch immer nicht nachzuweisen wäre, könnten sich vor
deutschen Gerichten plötzlich als Asylbewerber ausgeben, wird
letztlich wohl tatsächlich nur ein neues Stück globaler
Justizbürokratie für effiziente Verlässlichkeit sorgen, nämlich die
Einrichtung eines internationalen Piraterie-Gerichtes.
Gravierender aber noch für den unbefriedigenden Stand des
internationalen Kampfes gegen die Seeräuberei ist die schiere Größe
des Operationsgebietes im Golf von Aden und entlang der afrikanischen
Ostküste. Piratenbekämpfung lediglich auf hoher See gleicht der Suche
nach der Nähnadel im Dorfteich. Soll die Marinepräsenz vor Somalia
nicht verfünffacht werden (und das auf unabsehbare Zeit mit immensen
Kosten), muss die Küste selbst in die Militäraktionen einbezogen
werden. Geben die Seeräuber nicht auf, müssen sie auch zu Land
bekämpft werden.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

196867

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: Piraten-Blamage Düsseldorf (ots) - Von Helmut Michelis Sorgt ein bislang unbekannter Frachterkapitän namens Richard Phillips für die Wende im Indischen Ozean? Nachdem er als erster amerikanischer Staatsbürger von Piraten entführt worden ist, macht das US-Militär ernst und fährt schweres Geschütz auf vor den Piraten-Nestern in Somalia. Der Fall erinnert fatal an die Bemühungen, Afghanistan Frieden zu bringen: Am Ende müssen es wohl die USA richten. Denn die Europäer, leider vor allem Deutschland, packen die Piratenplage halbherzig an und verzetteln mehr...

  • Westdeutsche Zeitung: Piraterie = von Wolfgang Radau Düsseldorf (ots) - Wenn einer wie Libyens Präsident Gaddafi, den selbst George Bush junior zuletzt nicht mehr zu den "Schurken" gezählt hatte, die Seeräuberei vor Somalias Küste eine "Selbstverteidigung gegen die gierigen Nationen des Westens" nennt, dann spricht das Bände. Wir erleben eine neue Art Kriegsführung: David tanzt Goliath auf der Nase herum, aber Goliath weiß sich so recht nicht zu wehren, weil es nicht nach seinen gewohnten Spielregeln geht. Dem Westen, zu dem in Faustrecht-Ländern wie Somalia alles gezählt wird, was Handel mehr...

  • Rheinische Post: Obamas Kriegskasse Düsseldorf (ots) - Von Godehard Uhlemann Barack Obama wirkt wie eine Projektionswand. Wünsche und globale Hoffnungen werden auf diese Fläche geworfen, so als wäre das schon allein die Lösung der Probleme. Amerikas Präsident und Oberbefehlshaber der Armee, der den Gefangenen-Gulag Guantanamo schließen will, der den Rückzug aus dem Irak angekündigt hat, der die Welt von Atomwaffen befreien, der gleichwohl den Krieg in Afghanistan ausweiten will, verlangt vom Kongress Sondergelder zur Kriegsführung. Passt das zueinander? Als Obama noch mehr...

  • Rheinische Post: SPD und die Mottenkiste Düsseldorf (ots) - Von Michael Bröcker Das alte Krisenmotto "Bewährtes beibehalten" hat die SPD irgendwie falsch verstanden. Mit ihrer Forderung nach einem Steuer-Zuschlag für "Reiche" verfällt die Partei in leidige sozialdemokratische Reflexe. Die Probleme in der Wirtschaftskrise löst sie mit dem Wahlkampf aus der Mottenkiste aber nicht. Im Gegenteil: Sie schafft neue. Sollte die Sondersteuer auch für gewerbliche Einkünfte gelten, trifft sie ausgerechnet in der größten Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit das Rückgrat des heimischen Unternehmertums. mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Bund legt Übernahmeangebot für Hypo Real Estate vor / Mehr wird es nicht geben Cottbus (ots) - Mit einem so großzügigen Übernahmeangebot an die Aktionäre der Münchner Immobilienbank Hypo Real Estate hatte die Börse nicht gerechnet. Der Preis von 1,39 Euro je Aktie liegt immerhin um zehn Prozent über dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestpreis. Insofern war man voll des Lobes für die Großzügigkeit des Bundes. Die kostet ihn am Ende nicht allzu viel - ein paar Cent mehr je Aktie helfen aber, die Stimmung unter den Anteilseignern zu heben. Und vor allem den Großaktionär J.C. Flowers vielleicht doch noch zum Einlenken mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht