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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Doping in Deutschland

Geschrieben am 13-04-2009

Bielefeld (ots) - »Schlussstrich« und »endlich« sind zwei ganz
wichtige Worte, wenn es in Deutschland um Vergangenheitsbewältigung
geht. Aktuelles Beispiel: die Aufarbeitung des Dopings in der DDR.
Fünf aktuelle Trainer des Deutschen Leichtathletikverbandes, vor der
Wende tief verwurzelt im real existierenden systematischen
Zwangsdopingsystem des Arbeiter- und Bauernstaates, haben eine
Erklärung verfasst und sie sich vom Deutschen Olympischen Sportbund
absegnen lassen, in der sie ihr Bedauern über ihr damaliges Handeln
äußern. 20 Jahre nach dem Mauerfall soll damit alles vergeben und
vergessen sein, da sie sich geistig-moralisch gewendet hätten und
ihre Schuld bekannt haben. Eine besonders obskure Begründung für eine
anzustrebende General-Absolution hat Walther Tröger, ehemaliger Chef
des Nationalen Olympischen Komitees der Bundesrepublik, geliefert:
Verurteilte Mörder würden doch auch schon nach 15 Jahren in Freiheit
gelangen.
Dieser Vergleich ist so abstrus, dass man ihn eigentlich blöd nennen
müsste. Doch er erlaubt einen tiefen Einblick in die Gedankenwelt des
Sports.
Vor der Wende resultierte die Überlegenheit der DDR-Sportler aus
Sicht der bundesrepublikanischen Funktionäre zuerst aus dem
systematischen Doping. Nach der Wende waren vor allem die Sportler
und Trainer im Westen willkommen, die erfolgreich waren und ihre
Verstrickungen hartnäckig leugneten. Ernsthaft ermittelt wurde nicht.
Im Osten wie im Westen, wo über das Streben nach pharmakologischer
Waffengleichheit der Mantel des Desinteresses gehüllt wurde.
Und noch schlimmer: Die Wenigen, die sich vor und nach der Wende um
die Aufarbeitung des Dopings in West und Ost bemüht hatten und dies
heute noch tun, wurden diskriminiert und diskreditiert. Einige bis an
den Rand ihrer nervlichen Belastungsfähigkeit.
Zum Verzweifeln war und ist ihr Kampf ja auch. Denn die Faktenlage
ist seit Jahrzehnten erdrückend. Ernüchternd ist deshalb nicht nur
für den Molekularbiologen Werner Franke seit Jahren die Reaktion der
nationalen und internationalen Sportverbände. Zur Erinnerung: 2004
erhielt Franke zusammen mit seiner Frau Brigitte Berendonk das
Bundesverdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik
Deutschland, vor allem als Auszeichnung für den Kampf »gegen die
menschenverachtenden und kriminellen Methoden des Dopings«. Und die
Sportverbände? Sie ignorieren seine Erkenntnisse.
Nicht alle, die sich als Opfer des DDR-Dopingsystems bezeichnen, sind
welche. Die Meisten haben relativ freiwillig mitgemacht, nur Wenige
haben widerstanden. Die Einen von den Anderen zu unterscheiden, die
Praktiken in den Hochdopingjahren in der BRD und DDR schonungslos
offenzulegen und endlich jene dafür zu bestrafen, dass sie sich an
massenhaften medizinischen Menschenversuchen verantwortlich beteiligt
haben, dafür ist es jetzt allerhöchste Zeit. Und nicht für
»Schlussstrich« und »endlich«.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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