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Berliner Morgenpost: Die Berliner, der Müll und ihre Parks - Kommentar

Geschrieben am 16-04-2009

Berlin (ots) - Die Berliner leben gern in ihrer Stadt. Das
behaupten in der aktuellen Infratest-Umfrage für die Berliner
Morgenpost 92 Prozent aller Hauptstädter. Ein wunderbarer Wert. Wenn
fast alle so gern in ihrem Berlin leben, dann liegt doch wohl auch
nahe, dass sie eine saubere einer vermüllten Stadt vorziehen, dass
sie Sonnenschein und Abendstimmung lieber in einem reinen als einem
verdreckten Park genießen. Doch da tut sich ein übler Widerspruch
auf: Die ihre Stadt liebenden Berliner gehen höchst unpfleglich mit
ihren vielen Parks um. Sie haben die Grünflächen vom Tiergarten bis
zum Treptower Park, um die uns andere Millionen-Städte beneiden,
gleich am ersten langen Feiertagswochenende in übel riechende
Müllhalden verwandelt. Wenn aber die Berliner ihre Stadt wirklich
alle so schätzen, wie sie es von sich behaupten, dann muss doch was
zu machen sein, dann muss die vermüllte Liegewiese doch nicht zum
Sonntag gehören wie der Frühschoppen.
Fangen wir bei den Behörden an. Die sollten endlich begreifen, nur
solche Verordnungen zu erlassen, die sie auch wirksam überwachen
können. Hundekot-Verordnung, Handy-Verbot während der Autofahrt,
Alkoholverkauf an Jugendliche - alles und noch viel mehr streng
reglementiert, aber erfolglos, weil nicht kontrolliert und damit fast
immer folgenlos. Das gleiche gilt für Grillvorschriften in Parks.
Weil die Ordnungskräfte viel zu lange nicht für Ordnung gesorgt und
jetzt Angst haben, Bußgelder zu erzwingen, hat sich längst eine Art
Grill-Gewohnheitsrecht an fast jedem "Parkplatz" entwickelt. Wenn das
schon nicht die um die saubere Luft besorgte Umweltsenatorin auf den
Plan ruft, sollten zumindest die Bezirksverantwortlichen zusammen mit
der Polizei aktiver werden. Nicht genug Personal? Wer Tag für Tag an
fast jeder Ecke der Stadt Bußgelder wegen Falschparkens eintreibt,
der wird doch wohl in der Lage sein, an Wochenenden auch mal
Grillsünder zur Kasse zu bitten. Mal in dem, mal in jenem Park; mit
möglichst großem Aufgebot und nicht als einmalige Aktion. Nichts
schreckt bekanntlich mehr ab und leitet zur erzwungenen Einsicht
über, als Kontrolle samt Bußgeld.
Aber das ist nur ein Weg zur Müllvermeidung. Ein anderer, der
wichtigere, ist die freiwillige Einsicht der Berliner, dass sie ihre
Stadt nicht wirklich lebenswert finden können, wenn sie ihren ganzen
Müll einfach überall liegen lassen und den ganzen Dreck den Behörden
überlassen. So gehen allenfalls Bewohner mit den Parks der Stadt um,
nicht Einwohner und Bürger, denen der Zustand ihrer Stadt nicht
gleichgültig ist, die sich mitverantwortlich fühlen. Uns allen gehört
die Stadt und die wenigsten wären wohl darüber erbaut, wenn
Mitbewohner vor ihrer Haustür Berge von Müll auftürmen würden.
Und dann gäbe es noch die Radikallösung. Wenn alle Mühen der Behörden
vergebens sind, wenn alle Appelle an Bürgersinn und Mitverantwortung
nichts fruchten, warum den Müll dann nicht mal ein oder zwei
Wochenende einfach liegen lassen? Auf dass vor eigenem Müll sich
ekelt, der anders nicht zu belehren ist. Doch so ignorant sind wir
Berliner, die wir unsere Stadt so schätzen, sicherlich nicht.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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