Westdeutsche Zeitung: Afghanistan = von Anja Clemens
Geschrieben am 29-04-2009 |
Düsseldorf (ots) - Die medienwirksamen Auftritte deutscher Politiker in Afghanistan erweisen sich im Nachhinein leider häufig als überflüssig. Auch wenn die obligatorischen Fotos im Kreise der Truppe etwas anderes suggerieren sollen - Kontakte zu den Soldaten gibt es nicht. Sie haben keine Möglichkeit, ihre Sorgen und Nöte mitzuteilen. Und die deutsche Bevölkerung ist nach einem solchen Besuch genauso ratlos wie zuvor: Sie wird weiter über den Sinn, die Dauer und die Gefahr dieses Einsatzes im Unklaren gelassen. Zumindest in diesem Punkt sollte Frank-Walter Steinmeier endlich Tacheles reden. Falls der Außenminister jemals die Hoffnung hatte, dass das Engagement der Bundeswehr in Afghanistan in absehbarer Zeit ein Ende haben könnte, müssen ihn der jüngste Anschlag auf die Patrouille und die anschließende Propagandaschlacht der Taliban endgültig eines Besseren belehrt haben. Die Lage im vermeintlich sicheren Norden des Landes war noch nie so brisant wie in diesen Monaten. Und die Gefahr für die deutschen Soldaten wächst mit jedem Tag, an dem die USA ihre Truppen rund um Kabul aufstocken und die Taliban damit zwingen, in die nördlichen Provinzen auszuweichen. Erst kürzlich brachten die Islamisten einen Distrikt im Verantwortungsbereich der Bundeswehr kurzzeitig in ihre Gewalt. Und das war wohl nur ein Vorgeschmack. Fakt ist: Die internationale Staatengemeinschaft ist weit davon entfernt, die Taliban militärisch besiegen zu können. Diese bittere Realität dürfen deutsche Politiker auch in Wahlkampfzeiten nicht verschweigen. Gleichzeitig müssen sie aber für ihr Konzept des Wiederaufbaus werben. Denn dies ist die einzige Perspektive, die die Menschen in dem kriegsgeschüttelten Land haben. Doch der Krieg wird an mehreren Fronten geführt. Dass die Fundamentalisten in Afghanistan wieder an Macht gewinnen, liegt auch an der instabilen Atommacht Pakistan, die jenseits der Grenze den Taliban immer neue Zugeständnisse macht. So rasch, wie sich die Islamisten weitere Regionen einverleiben, so aussichtslos kämpft die Regierung in Islamabad eine Schlacht ums eigene Überleben. Die USA haben dieser Entwicklung allzu lange tatenlos zugesehen. Ein erfolgreicher Anti-Terror-Kampf muss aber gerade hier ansetzen.
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