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WAZ: Atomtest in Nordkorea - Gefährliche Provokationen - Leitartikel von Gudrun Büscher

Geschrieben am 25-05-2009

Essen (ots) - So schnell kann's gehen. Noch vor wenigen Wochen
träumte US-Präsident Barack Obama von einer atomwaffenfreien Welt.
Jetzt hat ihn der nordkoreanische Diktator Kim Jong-Il unsanft in die
traurige Realität zurückgeholt. Der unterirdische Atomtest, der
zweite des bitterarmen Landes seit 2006, zeigt: Vision und Illusion
liegen dicht beieinander.

Man könnte es sich leicht machen und Kim Jong-Il als kranken,
Cognac trinkenden Spinner abtun, der US-Spielfilme sammelt und aus
Leidenschaft für die Leinwand auch schon mal eine Schauspielerin
entführt. Man könnte schmunzeln über seine Skurrilitäten, wenn es
nicht so bitter, wenn es nicht so gefährlich wäre, wenn er nicht so
viel Macht hätte - und vermutlich bald auch die Atombombe.

Kim Jong-Il, der "geliebte Führer", hat sein Land hochgerüstet.
Er ist ein Phantom, kaum jemand bekommt ihn zu Gesicht, und er ist
unberechenbar. Experten gehen davon aus, dass es noch ein paar Jahre
dauern wird, bis das Land tatsächlich über die Atombombe verfügt;
derzeit sind die Sprengköpfe offenbar noch zu groß für die
Trägerraketen, über die Nordkorea verfügt. Aber das ist nur eine
Frage der Zeit. Und vielleicht auch nur eine Frage der
Zusammenarbeit. Man kann nicht sicher sein, dass sich die
Schurkenstaaten dieser Welt nicht doch irgendwann zu einer
unheilvollen Allianz zusammenfinden: Sagst du uns, wie man Plutonium
herstellt, sagen wir dir, wie man Trägerraketen baut.

Bislang gibt es keine Hinweise darauf, dass die "Sonne der
Menschheit", wie Kim Jong-Il sich gerne nennen lässt, einen
Supermarkt der Superschurken aufbauen will. Bislang folgten seine
Raketen- und Atomtests einem eiskalten Kalkül: Sie sollten
internationale Aufgeregtheit und Aufmerksamkeit provozieren und die
USA zu mehr wirtschaftlicher Hilfe anspornen. Das klappte unter
Präsident Bush auch immer. Bei Obama, mit dem der Wind des Wandels
durchs Weiße Haus fegt, war Nordkorea bisher allenfalls eine Fußnote.
In Pjöngjang aber wird man genau registriert haben, wie Obama auf den
Iran zuging, welche Versprechungen im Raum stehen.

Kim Jong-Il plustert sich auf. Und die Staatengemeinschaft lädt
zur Sondersitzung. Was tun mit dem "ungeliebten Führer"? Einigkeit
ist gefragt - vor allem zwischen den USA, China und Russland. Aber
diese Vision hat sich in der Vergangenheit auch als Illusion
entpuppt. Und im Alleingang schafft Obama den Wandel nicht.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


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