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Sevim Dagdelen: Soysal-Urteil bringt Regierung in Bedrängnis

Geschrieben am 16-06-2009

Berlin (ots) - "Die Bundesregierung muss eingestehen, dass zum
Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zusatzprotokolls zum
Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Türkei, d.h. zum 1.
Januar 1973, auch im Rahmen des Dienstleistungsempfangs selbst eine
Einreise und ein Aufenthalt von mehr als drei Monaten visumfrei
möglich war", fasst Sevim Dagdelen die Antwort der Bundesregierung
auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE zum Soysal-Urteil des
Europäischen Gerichtshofs zusammen (BT-Drs. 16/13327). Dagdelen,
migrationspolitische Sprecherin der Fraktion, weiter:

"Brisant ist das Eingeständnis der Bundesregierung deshalb, weil
nach dem Soysal-Urteil Verschärfungen der Visumbestimmungen im
Bereich der Dienstleistungsfreiheit seit 1973 mit dem Zusatzprotokoll
des Assoziierungsabkommens unvereinbar sind. Die alten Regelungen
sind mithin weiter gültig. Bis zum Inkrafttreten des Zusatzprotokolls
war eine Einreise und ein Aufenthalt von mehr als drei Monaten im
Rahmen des Dienstleistungsempfangs unter den Bedingungen von § 5 Abs.
1 der Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes (DVAuslG)
visumsfrei möglich. Im entsprechenden Eintrag des offiziellen
Visumshandbuchs des Auswärtigen Amtes, das vom Bundesinnenministerium
mitgezeichnet wurde, findet sich zur Umsetzung der
Soysal-Entscheidung zu dieser Rechtsgrundlage aber nichts.
Stattdessen wird auf § 1 Abs. 2 DVAuslG Bezug genommen - mutmaßlich,
um zum gewünschten Ergebnis kommen zu können.

Um das Soysal-Urteil nicht auf Besuchsreisende sowie Touristinnen
und Touristen aus der Türkei anwenden zu müssen, behauptet die
Bundesregierung, die passive Dienstleistungsfreiheit sei durch das
Assoziationsrecht nicht geschützt. Sie stützt sich dabei lediglich
auf einen Beschluss der 34. Kammer des Berliner Verwaltungsgerichts.
Unerwähnt bleiben die Mehrheitsmeinung in der Rechtswissenschaft, die
Kommentarliteratur und gegenteiligen Entscheidungen anderer Gerichte.
Zuletzt führte am 29. April 2009 das Amtsgericht Erding in seiner
Urteilsbegründung aus, dass weder das Soysal-Urteil noch das
Zusatzprotokoll eine Trennung in aktive und passive
Dienstleistungsfreiheit vorsehe. Es sei 'lebensfremd' das
Soysal-Urteil mit einer solchen Begründung nicht auf türkische
Touristinnen und Touristen anzuwenden.

Ich fordere die Bundesregierung auf, die juristischen Tricksereien
bei der Umsetzung des Soysal-Urteils einzustellen und Menschen aus
der Türkei zu Besuchs- und touristischen Zwecken endlich eine
visumfreie Einreise zu ermöglichen - wie es seit fast 30 Jahren hätte
der Fall sein müssen."

Originaltext: DIE LINKE
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/41150
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_41150.rss2

Pressekontakt:
Hendrik Thalheim
Pressesprecher
Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Telefon +4930/227-52800
Telefax +4930/227-56801
pressesprecher@linksfraktion.de


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