Berliner Morgenpost: Über Schwarz-Grün und andere bürgerliche Bündnisse
Geschrieben am 22-06-2009 |
Berlin (ots) - Sagen wir mal so: Die Wahrscheinlichkeit, dass Deutschland am Ende dieses Jahres von einer schwarz-grünen Koalition regiert wird, ist in etwa so groß wie die, dass Klaus Wowereit zur selben Zeit sein Amt als Regierender aufgibt, um in der Toskana Tulpen zu züchten. Soweit ist das Land noch immer nicht, auch wenn sich Union und Grüne in Hamburg schon ziemlich gut ineinander fügen. Man ist da an der Elbe ein ganzes Stück weiter. Aber selbst dort hat es ein stattliches Jahrzehnt gebraucht vom ersten Schnuppern zwischen Ole von Beust und der grünen Realpolitikerin Krista Sager bis zur Stunde der Wahrheit vor gut einem Jahr. Andererseits verkaufen sich Koalitionsspekulationen in Wahljahren natürlich besonders gut, und deshalb ist auch die offizielle Aufforderung diverser Unionsgranden, die Spekulation über ein schwarz-grünes Bündnis zu beenden, nicht wirklich ernst zu nehmen. Wenn es nutzt und der Union am Ende ein paar jüngere bürgerliche Wähler zutreiben könnte, wird das noch ein Weilchen so weitergehen mit gut verteilten Rollen. Schäuble, auch der wunderbar smarte Herr Guttenberg, demnächst vielleicht noch von Beust selbst spähen genau in den Revieren, aus denen der in der Tendenz immer noch steinalten Unionswählerschaft ein paar Frischzellen zugeführt werden könnten. Ein paar andere, vorweg der Schwabe Oettinger, der sich weiterhin auch als Gralshüter der guten, alten Union profiliere möchte, weisen derlei "Unfug" weit von sich. Man kennt das. Noch mal andererseits. Es stimmt doch: Zumindest ein Teil der grünen Wählerschaft, auch der grünen Parteibasis, entstammt dem unionsnahen Lager, zumindest ist man blutsverwandt und die Zeiten der Revolte sind ja auch einigermaßen vorbei. Die Union, das sei mal prognostiziert, würde sich in einem Bündnis mit den Grünen deutlich wohler fühlen als in einer Neuauflage der großen Koalition, deren Mindesthaltbarkeitsdatum lange vor Ende der kommenden Legislaturperiode abgelaufen sein wird. Doch selbst ein schwarz-gelbes Bündnis, das dem politischen Sehnen ja erklärtermaßen ein Ende setzen soll, wäre ja nicht ohne Tücke. Jugendlich, frisch würde das Ganze auf Dauer jedenfalls nicht wirken, eher wie eine Wiederholung aus den 80er- und 90er-Jahren; auch hätten die Beteiligten erhebliche Mühe, sich voneinander abzugrenzen. So etwas kann sehr anstrengend werden. Um im Bild zu bleiben: Es gibt Zeiten im Leben, in denen fährt man lieber zu den Enkeln als zu den Geschwistern. Aber dazu muss man sich natürlich erst mal so richtig auf den Nerv gegangen sein. Bleibt, um nicht im Wolkenkuckucksheim zu verharren, die Frage aller Fragen: Wenn es für Schwarz-Gelb nicht reichen sollte in diesem Herbst - sollte sich die bürgerliche Großfamilie dann womöglich doch mal an einen Tisch setzen? Nicht, weil Jamaika so ein schönes Land ist, sondern weil man der Demokratie vier weitere Jahre großer Koalition ersparen wollte. Darüber sollten sich die Beteiligten prophylaktisch schon mal Gedanken machen. Man muss ja nicht so laut drüber reden.
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