Berliner Morgenpost: Eine Katastrophe für Merkels Wahlkampf - Leitartikel
Geschrieben am 27-06-2009 |
Berlin (ots) - Die CDU ist mal wieder dabei, einen potenziellen Wahlsieg zu zerreden. Ist ihr Versprechen, in der nächsten Legislaturperiode die Steuern zu senken, angesichts staatlicher Rekordverschuldung schon nicht besonders glaubwürdig, wird die Ankündigung vollends konterkariert durch das laute Nachdenken eines CDU-Landesfürsten über die Erhöhung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes von sieben Prozent. Was Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger, für gewöhnlich eher eine graue Politmaus, da losgetreten hat, kommt für Angela Merkels Wahlkampfstrategie einer Katastrophe ziemlich nah. Oettinger nährt nämlich nicht allein die Zweifel am ernsthaften Willen seiner Partei zur Steuersenkung. Er stellt vor allem die Fähigkeit der CDU zum sozialen Ausgleich infrage. Denn der niedrigere Mehrwertsteuersatz gilt insbesondere für Lebensmittel und würde deshalb Menschen mit geringem Einkommen besonders treffen. Da ist sie dann wieder, die vermeintlich mangelnde soziale Kompetenz der Union. Sie wurde ihr schon vor vier Jahren mit dem Einfachsteuersystem des Heidelberger Professors Paul Kirchhof fast zum Verhängnis. Daraus Konsequenzen ziehend, soll vom Wahlprogramm 2009, das heute gemeinsam von den Parteivorständen der CDU und CSU in Berlin beschlossen wird, das Signal ausgehen, die Union könne wirtschaftliche Kompetenz mit sozialem Ausgleich verbinden. Günther Oettinger hat Angela Merkel dieses Signal gründlich vermasselt. Und der im Umfragetief verharrenden SPD die Munition frei Haus geliefert, auf die Franz Müntefering und Frank-Walter Steinmeier gelauert haben. Es bedarf nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, was sich der Regierungschef aus Stuttgart heute in der großen Vorstandsrunde wird anhören müssen. Aber was hat ihn geritten? Naive steuerliche Fachbetrachtungen zur Unzeit oder doch gezielte Illoyalität, gar bewusste Intrige? Oettinger hat mit der Kanzlerin noch eine Rechnung offen, nachdem sie ihn vor Monaten in der Sache Filbinger öffentlich zur Ordnung gerufen hatte. Vor allem aber würde im Fall eines Wahlsiegs die heimliche Hoffnung des einen oder anderen CDU-Landesfürsten endgültig platzen, Angela Merkel rechtzeitig vor dem eigenen Altwerden zu beerben. Nicht ohne Hintersinn meinte kürzlich ein Unionsmann mit Einfluss, es wäre das Beste, wenn die Ministerpräsidenten der CDU bis zur Wahl schweigen würden... Wieder hat die Union ein Glaubwürdigkeitsproblem mit ihren Steuerversprechungen. Dabei hat sie im Kern recht. Nach einer Untersuchung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zahlen die Deutschen mit durchschnittlichem Einkommen höhere Steuern und Abgaben als vergleichbare Beschäftigte in den meisten anderen Industriestaaten. Eine Minderung dieser Last ist also nicht prinzipiell unsozial. Sie ist eigentlich überfällig. Das sieht übrigens die SPD nicht völlig anders. Auch sie verspricht den Wählern mit einem niedrigeren Eingangssatz und einer 300-Euro-Bonus-Zahlung beim Verzicht auf einen Lohnsteuerausgleich niedrigere Steuern.
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