Kölnische Rundschau: zur Union/Wahlprogramm
Geschrieben am 29-06-2009 |
Köln (ots) - Um ihre Truppe kann man die Kanzlerin nicht beneiden. Nur mit einem Kanzlerinnenmachtwort hatte die CDU-Chefin den Ministerpräsidenten aus dem Südwesten wieder eingefangen, der von einer höheren Mehrwertsteuer schwadroniert hatte. Nun gut, das konnte noch als Betriebsunfall durchgehen, Günther Oettinger passiert es schon mal, dass er sich um Kopf und Kragen redet. Dass dann aber sein sachsen-anhaltinischer Kollege Wolfgang Böhmer ganz ähnlich ins Horn stößt und den Reichensteuersatz erhöhen will, ist ein Desaster für die Wahlkampfstrategen. Beängstigend daran ist, dass nicht einmal Bösartigkeit die Ursache war, vielmehr führte Achtlosigkeit hier Regie. Der Doppelfehler zeigt, wie verwundbar die Wahlstrategie der Union beim Thema Staatsfinanzen ist. Selbst Wohlmeinende - das trifft auf Böhmer wie auf Oettinger zu - können sich eben nicht vorstellen, wie der Haushalt ohne höhere Steuern zu sanieren ist. Ganz zu schweigen von einer Steuerentlastung im zweistelligen Milliardenbereich, von der die CSU, der Wirtschaftsflügel und die FDP reden. Ganz fatal wäre es gewesen, wenn die Unionsschwestern den Wunsch aus Bayern erfüllt und ein konkretes Datum für die Steuerentlastung genannt hätten. Nun spricht das Programm der Union davon, dass die Entlastung "festes politisches Ziel" sei. Dabei wissen so gut wie alle, dass die korrekte Übersetzung für "festes politisches Ziel" nur "frommer Wunsch" heißt, also getrost abgehakt werden kann. Auch wenn das Wahlprogramm - die Union nennt es selbstbewusst Regierungsprogramm - von den allerwenigsten gelesen wird: Mit dem verpatzten Start hat die Union eine Chance vertan. Das Programm enthält nämlich interessante Signale. Dies gilt sowohl für die Familienpolitik wie für die Aussage, dass Deutschland ein Zuwanderungsland ist. Wenn es nach dem Drehbuch der Kanzlerin gegangen wäre, hätte sie darüber heute sprechen wollen. Statt dessen muss sie nun Krisenbewältigung betreiben.
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