Neue Westfälische: KOMMENTAR Urteil zum Vertrag von Lissabon Aus der Seele gesprochen BERNHARD HÄNEL
Geschrieben am 30-06-2009 |
Bielefeld (ots) - Ein klares Ja zu Europa, ein ebenso deutliches Bekenntnis zur Volkssouveränität, also zur Demokratie, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum Vertrag von Lissabon gesprochen. Mit beiden Komponenten sprechen die Karlsruher Richter dem deutschen Volke, ebenso wie den mit ihm in der Europäischen Union verbundenen Völkern, aus der Seele. Ein Ja mit klaren Konditionen also, mit dem der Vertrag von Lissabon schlussendlich vom Bundespräsidenten unterzeichnet werden darf. Die Bedingungen aber sind es, die aufhorchen lassen. Dem Handeln der Bundesregierung im Europäischen Rat sind künftig enge Grenzen gesetzt. Mehr denn je muss sie künftig in der Runde der 27 Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten die im Grundgesetz festgelegten Freiheitsrechte beachten. Keines darf verloren gehen um des in Europa üblichen Kompromisses. Unerbittlich wird Karlsruhe zuschlagen, sollte eine deutsche Regierung auf dem Altar des europäischen Einigungsprozesses deutsche Grundrechte opfern. Fälle deuten sich bereits an, etwa bei der Vorratsdatenspeicherung, die in Brüssel ihren Ausgang nahm. Künftig, und das ist das wichtigste Signal aus Karlsruhe, wird sich keine Regierung und kein Minister hinter Ratsentscheidungen verstecken können. Am Bundestag, aber auch am Bundesrat wird es sein, künftig mehr als bislang auf die Verfassungsmäßigkeit europäischer Entscheidungen und Verordnungen zu achten. Dies sollte gerade auch für das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes gelten. An keiner Stelle darf es unter die europäischen Räder geraten. Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus, heißt es im Grundgesetz. In Wahlen entscheiden wir, wer diese Gewalt ausübt und wie. 90 Prozent der Abgeordneten im Bundestag beschnitten bei der Abstimmung über den Lissabon-Vertrag ihre eigene Macht. Das gibt Anlass zur Sorge.
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