Westdeutsche Zeitung: Kommentar Ein mutmaßlicher Sexualtäter wird aus der U-Haft entlassen - Die unerträglichen Fehler der Justiz = Von Horst Kuhnes
Geschrieben am 02-07-2009 |
Düsseldorf (ots) - Jetzt kocht Volkes Seele wieder, und das aus nachvollziehbaren Gründen: Ein 58-jähriger mutmaßlicher Kinderschänder wird mit richterlichem Segen aus der Untersuchungshaft entlassen und trotz erwiesener Fluchtgefahr auf freien Fuß gesetzt - jedenfalls bis zum Ende des im August gegen ihn beginnenden Strafverfahrens. Weil die Staatsanwaltschaft zu langsam gearbeitet hat, wie das Düsseldorfer Oberlandesgericht feststellte.
Und leider ist dies kein Einzelfall: Immer wieder müssen die Oberlandesgerichte bei den gesetzlich vorgeschriebenen und routinemäßig durchgeführten Haftprüfungen mutmaßliche Straftäter wieder in Freiheit setzen, weil die Strafermittler entweder zu langsam gearbeitet oder gar geschlampt haben. Allein in NRW ist es in diesem Jahr bereits drei Mal dazu gekommen, im vergangenen Jahr geschah dies zehnmal, und 2006 waren es 16 Fälle, darunter sogar mutmaßliche Mörder.
Es mag auf den ersten Blick widersinnig erscheinen, dass Gerichte solche Freilassungen überhaupt veranlassen. Doch unsere Verfassung zwingt sie dazu: Untersuchungshaft ist zeitlich begrenzt. Sie kann und darf nicht nach Belieben ausgedehnt werden, ganz gleich, was dem Beschuldigten vorgeworfen wird. Dies dient auch dem Schutz derjenigen, deren Unschuld sich im an die U-Haft anschließenden Gerichtsverfahren herausstellt.
Deshalb sind alle solcher Fälle gleich in mehrfacher Hinsicht unerträglich: Sie widersprechen nicht nur dem allgemeinen Rechtsempfinden, sondern sie belasten und gefährden auch die Opfer der Taten über Gebühr - und sie bergen vor allem die große Gefahr, dass das Vertrauen der Bürger in die Arbeit der Justiz nachhaltig erschüttert wird.
Es mag daher dahingestellt bleiben, ob im Fall des jetzt vorzeitig aus der U-Haft entlassenen mutmaßlichen Sexualtäters ein konkretes Versagen der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach vorliegt, oder ob nicht auch möglicherweise das Oberlandesgericht Düsseldorf etwas vorschnell geurteilt hat. In jedem Fall trägt letztlich NRW-Justizministerin Müller-Piepenkötter die politische Verantwortung: Sie muss sicherstellen, dass die Justiz des Landes personell und organisatorisch so ausgestattet ist, dass solche Vorkommnisse nicht geschehen.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2
Pressekontakt: Westdeutsche Zeitung Nachrichtenredaktion Telefon: 0211 / 8382-2358 redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
212341
weitere Artikel:
- Lausitzer Rundschau: Integer integrieren Gesundheitsnetze bündeln Kräfte Cottbus (ots) - Niedergelassene Ärzte, Krankenhäuser und Reha-Einrichtungen sollen enger zusammenarbeiten. Was die Gesundheitsreform mit "integrierter Versorgung" beschreibt, ist vom gesunden Menschenverstand her ohnehin klar: Natürlich sollte der Krankenhausarzt die Befunde des Hausarztes kennen. Selbstverständlich muss der Hausarzt wissen, was in der Klinik gelaufen ist. Auf keinen Fall sollte ein Patient unnötig mehrfach angezapft oder geröntgt werden. Warum es trotzdem so schwierig ist, die Kräfte zu bündeln, ist wohl nur mit - vor mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Parteien / FDP / Strafe Osnabrück (ots) - Sauberer Schnitt Nichts war leise, wenig seriös im Leben des Jürgen W. Möllemann. So jäh der Absturz des FDP-Superstars, so aufsehenerregend sein spätes Erbe. Sechs Jahre nach dem Tod reißt der großspurige Erfinder der 18-Prozent-Partei die FDP wieder in Turbulenzen - und die durch den "Quartalsirren" traumatisierten Liberalen sind fast froh: Es sind Probleme "nur" der finanziellen Art. 4,3 Millionen Euro Strafzahlung - damit büßt die FDP stärker als erwartet für die kriminellen Praktiken des Spendeneintreibers mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Verkehr / Recht Osnabrück (ots) - Fragwürdige Wohltat Wahlkampfzeiten sind auch Zeiten populärer Vorschläge. Zu denen zählt zweifellos der Vorstoß einiger Abgeordneter, im Zuge der Reform der Flensburger Datei kleine Verkehrssünden zu streichen. Das Kalkül ist klar: Aus den Minuspunkten anderer wollen die Politiker Pluspunkte für sich selbst machen. Die Idee klingt gut, ist aber nicht sinnvoll. Schließlich belastet ein Minikonto den jeweiligen Sünder nicht wirklich, es ist gleichwohl ständige Mahnung zu verkehrsgerechtem Verhalten. Statt laut über mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Unternehmen / Karmann Osnabrück (ots) - Politik unter Verdacht Der Auftrag kam in letzter Minute. Ohne die Volkswagen-Millionen wären auch die Jobs der verbliebenen Karmänner gefährdet gewesen. Dank der Transfergesellschaft kann der Insolvenzverwalter hoffen, dass jetzt rund 1000 entlassene Karmänner ihre Kündigungsschutzklagen zurückziehen. So wird das geschrumpfte Traditionsunternehmen deutlich attraktiver für Investoren. Weil diese keine langjährigen Rechtsstreite mit ehemaligen Beschäftigten fürchten müssen. Aber welches Interesse hat Volkswagen an mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Bundeswehr / Afghanistan Osnabrück (ots) - Stur die Wahrheit ignorieren Verteidigungsminister Jung ist seit seinem Amtsantritt darum bemüht, die Afghanistan-Mission zu beschönigen und die Mängel im Einsatz zu vertuschen. Mittlerweile haben Gefechte und Zahl der getöteten Soldaten aber derart zugenommen, dass Jungs Wunschdenken vom uniformierten Entwicklungshelfer von der Realität überrollt wurde. Nun will der Verteidigungsminister darüber nachdenken, ob seine in der Taschenkarte stehenden Einsatzregeln für die Soldaten in Kundus noch angemessen sind. Das mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|