(Registrieren)

Zeitungsverleger wollen keine staatlichen Hilfen, aber neue Rahmenbedingungen / BDZV fordert Lockerungen bei Pressefusionskontrolle, umfassendes Leistungsschutzrecht und Mehrwertsteuer-Nullsatz

Geschrieben am 09-07-2009

Berlin (ots) - Die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise
haben den deutschen Zeitungsmarkt erreicht. "Das Jahr 2009 wird als
das bisher schwierigste in die Geschichte der Zeitungen eingehen",
sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher
Zeitungsverleger (BDZV), Dietmar Wolff, heute bei der
Jahrespressekonferenz in Berlin. In den ersten fünf Monaten des
laufenden Jahres ist das Anzeigenvolumen (nicht Umsätze) der
Zeitungen im Vergleich zum Vorjahr um mehr als zwölf Prozent
zurückgegangen. Aufgrund der Situation im Arbeitsmarkt seien die
Stellenanzeigen stark rückläufig (-41,1 Prozent), so Wolff. Rückgänge
gab es auch im Bereich Immobilien (-18,2), Autorubriken (-17,6) und
Markenartikel (-23,1). Bei den so genannten Großformen des Handels
(+7,6, u.a. Lebensmitteldiscounter) und bei den Familienanzeigen
(+1,2) gab es ein positives Ergebnis. Anders als in den Vorjahren
trifft das Minus im Anzeigengeschäft die Zeitungen in Westdeutschland
(-12,4 Prozent) fast ebenso hart wie Verlage in Ostdeutschland
(-13,9).

Im Prozess des Wandels vom reinen Zeitungsdruck- zum komplexen
Medienhaus treffe die allgemeine Wirtschaftskrise die Verlage mit
voller Härte, so Wolff. Dennoch hätten die Unternehmen beste
Voraussetzungen, stark aus der Krise hervorzugehen. Bereits in den
Jahren nach dem Platzen der Internetblase ab 2001 hätten sich Verlage
aller Größenordnungen unter enormen Anstrengungen auf die veränderten
Gegebenheiten im Markt eingestellt. Anders als in den USA seien die
Zeitungen in Deutschland sehr gut aufgestellt. Ein Grund sei die enge
Bindung zu ihrem Publikum, die im Lokalen besonders ausgeprägt sei.
Dazu gehöre außerdem ein Vertriebssystem, das mit der
Zeitungszustellung bis zur Haustür weltweit beispielhaft sei. In
Deutschland würden die besten Zeitungen der Welt gemacht und im
Unterschied zu den USA und vielen anderen Ländern gelte hier nicht
der ausschließlich renditeorientierte Shareholder value. Die deutsche
Zeitungsbranche sei mittelständisch geprägt. An der Spitze stünden
Verleger mit publizistischem und unternehmerischem Anspruch.

Wolff machte deutlich, dass der BDZV direkte Staatshilfen ablehne.
Gleichwohl sei der Staat verpflichtet, die Rahmenbedingungen für die
Presse zu verbessern. "Wenn es der Politik wirklich ernst ist mit dem
unverzichtbaren Beitrag der Zeitung für die Demokratie, dann muss
sich dies stärker als bisher in der Gesetzgebung niederschlagen."
Dazu zähle die Möglichkeit, sich weitaus stärker als bisher am
lokalen und regionalen Hörfunk und Fernsehen zu beteiligen. "Jetzt
kommt es darauf an, dass die Verlage ihre Nutzer- und Werbemärkte
ausweiten und die Produktionsprozesse in allen Bereichen weiter
optimieren", so Wolff. Nur wenn es den Verlagen möglich sei, in
größeren Einheiten zu agieren, könnten sie auch langfristig ihre
Position als Anbieter von Qualitätsinhalten und größte Werbeplattform
sichern und ausweiten.

Voraussetzung dafür sei auch eine Lockerung des Wettbewerbsrechts.
Der BDZV erwarte, dass die Bestimmungen zu Kooperationen
liberalisiert werden. Ähnlich wie beim Zeitungsdruck und der
Zustellung müssten auch im Anzeigenverkauf neue Kooperationen möglich
sein. Vor allem angesichts der Fülle von verlagsfernen Medien, die im
lokalen Markt Werbung verkaufen, müsse das Kartellamt seine
Spruchpraxis anpassen. Der BDZV will unter anderem eine Veränderung
der so genannten Aufgreifschwelle. Während Unternehmen in anderen
Branchen, die fusionieren wollen, dies beim Kartellamt ab einem
Gesamtumsatz von 500 Millionen Euro melden müssen, liegt die Schwelle
im Pressebereich bei 25 Millionen Euro. Diese muss nach Auffassung
des BDZV auf mindestens 100 Millionen Euro erhöht werden. Außerdem
sollten so genannte Nachbarschaftsfusionen erleichtert werden. Hier
fordert der BDZV eine so genannte Vermutungsregelung: Wenn über einen
Zeitraum von zehn Jahren ein Verlag nicht mit einem neuen Produkt in
den Markt der Nachbarzeitung eingedrungen ist, sollte das Kartellamt
davon ausgehen, dass ein potenzieller Wettbewerb nicht besteht und
somit die Unternehmen zusammengelegt werden können.

Erwartungen an die Bundesregierung

Von der künftigen Bundesregierung erwartet Wolff auch, dass der
derzeit geltende Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent für Zeitungen
weiter reduziert wird. "Es ist überhaupt nicht vermittelbar, dass der
Staat die tägliche Zeitungsinformation mit einer Steuer belegt."

Vom Gesetzgeber verlangt der BDZV ferner Unterstützung bei der
Korrektur von Fehlentwicklungen im Internet. "Wir können nicht länger
hinnehmen, dass unsere teuer produzierten Qualitätsinhalte von
Dritten bedenkenlos kommerziell genutzt werden, ohne dass dafür auch
nur ein Cent an die Verlage gezahlt wird", so
BDZV-Hauptgeschäftsführer Wolff. Nur mit einem umfassenden
Leistungsschutzrecht könne dem "Content-Klau" Einhalt geboten werden.
Im nächsten Schritt gehe es dann darum, Bezahlmodelle für
Internetinhalte zu entwickeln. Die Onlinewerbung allein werde nicht
ausreichen, publizistische Qualität im Internet zu finanzieren.
Deshalb müssten Wege gefunden werden, die von der Gratiskultur
wegführten. "Es geht um den Erhalt der Qualitätspresse in einer
digitalisierten Welt", erklärte Wolff. Die Zeitungsverleger hätten an
die neue Bundesregierung die klare Erwartung, dass die Themen
Wettbewerbsrecht - insbesondere die Pressefusionskontrolle,
Leistungsschutzrecht und Mehrwertsteuer "im Interesse der
Zeitungskultur in Deutschland" mit der gebotenen Eile bearbeitet
würden.

Entwicklung der Zeitungsauflagen

Die Zeitungsauflagen sind im ersten Quartal 2009 im Vergleich zum
Vorjahr um 2,12 Prozent (2008: 1,85) gesunken. In Ostdeutschland um
2,7 Prozent, im Westen um 2,05 Prozent. Während die Wochenzeitungen
um 1,53 Prozent zulegten, verzeichneten alle übrigen Kategorien
Rückgänge. Überregionale Zeitungen -1,06, regionale
Abonnementzeitungen -1,83, Sonntagszeitungen -1,94, Kaufzeitungen
-5,26.

Geschäftsentwicklung 2008

Bereits im letzten Quartal 2008 sei die Finanz- und
Wirtschaftskrise vor allem im Werbemarkt stark spürbar gewesen,
erklärte der Geschäftsführer Verlagswirtschaft des BDZV, Jörg
Laskowski. Die Umsätze aus Anzeigen und Beilagen seien um 4,1 Prozent
auf 4,64 Millionen Euro zurückgegangen. Die Vertriebsumsätze seien um
2,6 Prozent auf 4,37 Milliarden Euro gestiegen. Die Auflagenrückgänge
seien durch Preisanpassungen kompensiert worden. Der Gesamtumsatz von
9,1 Milliarden Euro entspreche, so Laskowski, dem Niveau von 1995.
Vor allem angesichts der Kostenentwicklung sei dieses Ergebnis nicht
zufriedenstellend. Für das laufende Jahr sei mit weiteren
Umsatzausfällen zu rechnen.

Reichweitenentwicklung Print und Online

Mit einer Gesamtauflage von über 25 Millionen Exemplaren erreichen
allein die gedruckten Zeitungen 76 Prozent der über 14-Jährigen -
davon 73 Prozent täglich. Hinzu komme die weiter wachsende Zahl von
Onlinenutzern, erklärte der Leiter Kommunikation + Multimedia beim
BDZV, Hans-Joachim Fuhrmann. Hier konnten die Zeitungen laut
Arbeitsgemeinschaft Online Forschung AGOF ihre Reichweite im
Vergleich zum Vorjahr um drei Prozent auf 41 Prozent steigern (2008:
38 Prozent). Mit anderen Worten: 17,3 Millionen Internetnutzer in
Deutschland gehen regelmäßig auf Zeitungswebsites (2008: 15,5). Dabei
gebe es wenige Überschneidungen, führte Fuhrmann aus. Der Anteil
derjenigen, die beide Medienangebote nutzten, liege bei zehn bis 15
Prozent. Im Internet erreichten die Zeitungsmarken ein zum größten
Teil neues und vor allem auch jüngeres Publikum.

Originaltext: BDZV - Bundesverb. Dt. Zeitungsverleger
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6936
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6936.rss2

Pressekontakt:
Hans-Joachim Fuhrmann
Telefon: 030/ 726298-210
E-Mail: fuhrmann@bdzv.de

Anja Pasquay
Telefon: 030/ 726298-214
E-Mail: pasquay@bdzv.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

213418

weitere Artikel:
  • Neuer Anlegerschutz: Banken müssen ihre IT aufrüsten Hamburg (ots) - Das Anfang Juli vom Bundestag verabschiedete Gesetz zum Anlegerschutz zwingt die Banken zu einer erhöhten Professionalität in der Beratung. Bislang verzweifeln Berater im Alltag zu häufig an komplizierten Dokumentations- und Informationspflichten. Um einen rechtskonformen Beratungsprozess zu gewährleisten, müssen viele Banken deshalb nachlegen und in neue Software investieren - dies insbesondere vor den deutlich ausgeweiteten Verjährungsfristen für Fehlberatung. An guten Softwarelösungen jedenfalls scheitert es nicht mehr...

  • Studio Hamburg Postproduction und Studio Hamburg Filmtechnik: Studie zu Systemvergleich von neun HD-Kameras Hamburg (ots) - Hamburg, 9. Juli 2009 - Die Nachfrage nach HD-produzierten Formaten im Bereich szenischer Produktion steigt stetig - aber kaum einer findet sich im Dschungel von geschätzten Ausgaben, notwendigem Equipment und technischem Know-how noch zurecht. Um endlich Licht in diese Situation zu bringen und eine sachliche Diskussionsgrundlage zu schaffen, haben die Studio Hamburg Postproduction und die Studio Hamburg Filmtechnik eine einzigartige Studie durchgeführt, deren Ergebnisse jetzt vorliegen. Unter dem Titel "9 x HD" wurden mehr...

  • BGA: Export bricht erneut heftig ein Berlin (ots) - "Die Exporteure müssen abermals einen herben Rückgang der Ausfuhren verkraften. Zwar spricht inzwischen einiges für eine Bodenbildung, allerdings auf extrem niedrigem Niveau. Wir haben das Tal noch nicht durchschritten. Die nun seit drei Monaten in Folge steigenden Auftragseingänge sind jedoch erste hoffnungsvolle Anzeichen." Dies erklärt Anton F. Börner, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) heute in Berlin. Zuvor hatte das Statistische Bundesamt die Außenhandelszahlen für Mai mehr...

  • Vattenfall-Finanzklage bedroht Umwelt- und Klimaschutzpolitik in Deutschland / Greenpeace-Rechtsexpertise enthüllt: Konzern will Auflagen aushebeln Hamburg (ots) - Die Klage des Energiekonzerns Vattenfall gegen Deutschland vor dem für Investitionssicherheit zuständigen Schiedsgericht der Weltbank bedroht die künftige Umwelt- und Klimaschutzpolitik der Bundesrepublik. Das ist das Ergebnis einer Rechtsexpertise, die Greenpeace heute gemeinsam mit der Organisation WEED (World Economy, Ecology & Development) in Hamburg vorgestellt hat. Vattenfall klagt vor dem Schiedsgericht gegen Umweltauflagen für den Betrieb seines Kohlekraftwerkes in Hamburg-Moorburg und versucht so, nationale Gesetze mehr...

  • BASF erwirbt globale Lizenz für das Fasihi Enterprise Portal / Die BASF SE hat für die nächsten drei Jahre eine globale Lizenz für die Nutzung des Fasihi Enterprise Portal® der Firma Fasihi GmbH erwor Ludwigshafen (ots) - Firmenchef Saeid Fasihi, dessen Unternehmen schon seit vielen Jahren mit der BASF zusammen arbeitet, ist sehr erfreut über den Vertragsabschluss: "Gerade in den schwierigen Zeiten der Wirtschaftskrise ist das ein äußerst positives Signal für uns. Wir sind stolz darauf, dass die BASF so großes Vertrauen in unser selbst entwickeltes Produkt setzt." Das Fasihi Enteprise Portal wird in der BASF in erster Linie im firmeninternen Intranet, bei verschiedenen Web-Projekten sowie für Internet-Auftritte von Unternehmensbereichen, mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht