Lausitzer Rundschau: Die Bundeswehr und ihre Offensive in Afghanistan
Geschrieben am 22-07-2009 |
Cottbus (ots) - Völkerrechtlich und formal mag Verteidigungsminister Franz-Josef Jung ja richtig liegen, wenn er den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan partout nicht einen Kriegseinsatz nennen will. Sein Argument, die Sprache der Taliban nicht übernehmen zu wollen, ist aber naiv und überzeugt nicht. Schon gar nicht, wenn die Bundeswehr mit schweren Waffen an einer militärischen Großoffensive gegen die Terroristen teilnimmt, die es offenbar in der Form mit deutscher Beteiligung noch nicht gegeben hat. Die Operation fordert vielmehr dazu heraus, von Krieg zu sprechen. Sie markiert sogar eine klare Zäsur im Afghanistan-Einsatz der Truppe, da nun tatsächlich sichtbar wird, wie dramatisch sich die Lage am Hindukusch verschlechtert hat und wie gefährdet die deutschen Soldaten inzwischen sind. Die dort mühsam aufgebaute Balance zwischen Sicherheit und Wiederaufbau ist zu einem großen Teil wieder aus den Fugen geraten. Darauf hat die militärische und politische Führung jetzt augenscheinlich mit einem strategischen Wechsel reagiert. Nur zugeben will das keiner. Deswegen ist das Engagement in Afghanistan nicht falsch. Jung tut gut daran, wenn er die Erfolge der Bundeswehr beim Wiederaufbau des Landes mehr hervorhebt. Nur die Wenigsten wissen, dass 850 Hilfsprojekte von der Truppe umgesetzt wurden, von der Wasserversorgung bis zum Aufbau von Schulen für Mädchen. Zugleich hat aber auch die Zahl der Rückschläge in den vergangenen Monaten durch das Erstarken der Taliban wieder zugenommen. Es war daher ein Fehler des Verteidigungsministers darüber zu philosophieren, dass die Bundeswehr in fünf bis zehn Jahren Afghanistan wieder verlassen wird. Wahr ist vielmehr: Jung und die Bundesregierung haben keinen Rückzugsplan, zumindest keinen, der in der jetzigen Situation überzeugen würde. Die Bürger sind jedenfalls vom Denken her schon viel weiter, als die Politik glaubt. Weil sie nämlich täglich in den Nachrichten die Kampf-Bilder sehen, weil sie wissen, dass am Hindukusch bereits Dutzende deutsche Soldaten ihr Leben gelassen haben. Auch die meisten Soldaten, die jetzt im Panzer gegen die Taliban kämpfen müssen, sind sich darüber im Klaren, was sie dort erleben. Selbst wenn dahinter der Gedanke der Stabilisierung des Landes steckt: Mehr Ehrlichkeit statt vermeintlicher Wählerschonung ist mit Blick auf den Einsatz in Afghanistan gefragt. Die Zeit dafür ist reif.
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