Weser-Kurier: Der "Weser-Kurier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 1. August 2009 die Weigerung der IG Metall, eine Wahlempfehlung zugunsten der SPD abzugeben:
Geschrieben am 31-07-2009 |
Bremen (ots) - Dauerhafter Liebesentzug von Joerg Helge Wagner Die mächtigste Einzelgewerkschaft der Welt und die traditionsreichste deutsche Volkspartei, die sich immer als Anwältin der Arbeitnehmer verstanden hat - das müsste doch ein unschlagbares Traumpaar sein, eines mit Dauer-Abo für die Regierungsbank. Aber offenbar hat der vorläufig letzte SPD-Kanzler Gerhard Schröder mit seiner Agenda 2010 das gemeinsame Tischtuch zerschnitten. Die SPD wird dafür immer noch mit Liebesentzug bestraft, zumindest von den "konservativen" Gewerkschaften. Das aber sind die Riesen IG Metall und ver.di - beide stellen gut zwei Drittel der fast 6,4 Millionen im DGB organisierten Arbeitnehmer. Und im Gegensatz zur SPD haben sie kräftig von der Krise profitiert: Der Mitgliederrückgang der vergangenen Jahre ist gestoppt, die Zahl der Neumitglieder steigt, man legt zu bei den Jungen und bei den Angestellten. Das führt zu einer gewaltigen Emanzipation von der früheren Arbeiterpartei, die von solchen Erfolgsmeldungen nur träumen kann. IG-Metall-Chef Berthold Huber, selbst Sozialdemokrat, hat es schlichtweg nicht mehr nötig, sich politische Schützenhilfe bei seiner Partei zu holen. Der Mann platzt geradezu vor Selbstbewusstsein: Was die SPD gerade als Beispiele ihres erfolgreichen Handelns in der Regierung verkaufen möchte - Kurzarbeitergeld und Abwrackprämie - seien Ideen der IG Metall, welche die roten Minister nur glücklicherweise aufgegriffen hätten. Fürs Konzeptionelle braucht man die Partei also gar nicht mehr. Für spürbare Wohltaten auch nicht: 6,23 Milliarden Euro mehr habe ihre Tarifpolitik in die Taschen der Beschäftigten gebracht, tönt die IG Metall - während SPD-Finanzminister Peer Steinbrück von Schuldenbremse und Sparkurs reden muss. Ihren "Aktionsplan" mit Wegen aus der Krise hat die IG Metall "Gemeinsam für ein gutes Leben" betitelt. Da ist kein Platz für die Rente mit 67 oder die Verschärfung der Hartz-IV-Regeln. Und der Mindestlohn? Na ja, dafür kämpft man doch besser in Tarifrunden als am Kabinettstisch. Vielleicht erinnern sich die Gewerkschafter auch noch zu gut an den Wahlkampf 2005. Damals geißelte SPD-Chef Müntefering die von CDU-Spitzenkandidatin Merkel geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer als unsozial, weil sie vor allem die Ärmeren hart treffe. Doch kaum saßen die Sozis wieder mit in der Regierung, wurde diese Steuer sogar um drei statt zwei Prozentpunkte angehoben - keine Empfehlung für eine Empfehlung.
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