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Börsen-Zeitung: Nun mal langsam! Börsenkommentar "Marktplatz" von Thorsten Kramer

Geschrieben am 31-07-2009

Frankfurt (ots) - Sapperlot! Der Kursanstieg an Europas Börsen
gewinnt eine ungeahnte Dynamik. Trotz des Rückgangs des
US-Verbrauchervertrauens und trotz der enttäuschenden Entwicklung der
Auftragseingänge in der US-Industrie kletterten wichtige Indizes wie
der Dax und der Stoxx50 in der nun abgelaufenen Woche auf
Jahreshochs. Selbst die mehr als zurückhaltenden Prognosen wichtiger
Konzerne wie BASF und Siemens konnten sie dabei nicht bremsen. Unter
Investoren finden vorrangig wieder nur die Neuigkeiten Gehör, die die
Hoffnungen auf das Ende der Rezession unterstützen. Aktienhändler
sehen den Dax in ihrer Euphorie schon bald bei 5800 oder sogar 6000
Zählern.

Nun aber mal langsam! Der steile Anstieg der vergangenen Wochen
ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass Anleger vor dem
Beginn der Berichtssaison extrem schwache Gewinnzahlen der
Unternehmen erwartet hatten. Als die veröffentlichten Quartalsdaten
zumeist nicht so schwach wie befürchtet ausfielen, kehrten diese
Investoren schnell an die Börsen zurück. Die Phase, in der sich der
Markt an die tatsächliche Gewinnentwicklung anpasst, dürfte nun aber
bald auslaufen. Und wie sich die Gewinne in den kommenden Quartalen
und im Jahr 2010 entwickeln, bleibt erst einmal abzuwarten. Bislang
ist ein großer Teil der Gewinne mit Restrukturierungsmaßnahmen zu
begründen, aber weniger mit einer Erholung der Nachfrage. Dies zeigt
sich nicht zuletzt darin, dass mehr als die Hälfte der Unternehmen
die Erwartungen der Analysten an die Umsatzentwicklung enttäuschten.

Hinzu kommt, dass die Berichtssaison nun bald ausläuft und der
Aktienmarkt damit einen wichtigen Treiber verliert. Dann rücken
wieder andere Faktoren in den Vordergrund, zu denen die technische
Verfassung der Märkte zählt. Die hat sich zwar durch den steilen
Anstieg verbessert, allerdings signalisieren wichtige Indikatoren,
dass sich die Indizes längst in den Bereich vorgeschoben haben, der
als überkauft bezeichnet wird. Daran schließt sich nicht selten
relativ schnell eine Korrektur an.

Über die anschließende Tendenz der Aktienkurse werden die harten
Fakten von konjunktureller Seite entscheiden. Erfüllen sie die
Hoffnungen, die vor allem durch die Trendwende bei den
Stimmungsindikatoren entstanden sind, besteht eine reelle Chance auf
einen weiteren Kursanstieg im Jahresverlauf. Dafür spricht schon
allein die enorm hohe Liquidität der Anleger bei gleichzeitig
zunehmendem Mangel an Alternativen.

Die aktuelle Statistik des Bundesverbands Investment und Asset
Management (BVI) wies für das erste Halbjahr bei Geldmarktfonds
bereits einen Mittelabfluss von 11,1 Mrd. Euro aus; Aktienfonds
sammelten im Gegenzug netto 4,9 Mrd. Euro ein. Die Entwicklung ist
das Ergebnis des starken Rückgangs der kurzfristigen Zinsen. Das
Ergebnis einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters unter weltweit
49 großen Investmentgesellschaften stützt die These, dass Investoren
wieder mehr Interesse an Aktien zeigen. Der durchschnittliche Anteil
dieser Assetklasse in den Portfolien lag demnach zuletzt schon bei
57% und damit nur noch knapp unter dem Niveau zu Zeiten der
Lehman-Brothers-Pleite im zurückliegenden Herbst.

Dennoch sind vor allem langfristig agierende Investorengruppen bei
Aktien immer noch stark unterinvestiert. So beträgt das in den USA in
Geldmarktfonds geparkte Vermögen immer noch mehr als 3500 Mrd.
Dollar. Ein Teil dieser Gelder wird gezwungenermaßen an die
Aktienmärkte fließen, wenn die Indizes weiterhin Stärke zeigen und
dadurch hoher Performance- Druck etwa bei Vermögensverwaltern
besteht. Darin steckt Potenzial für die Kurse.

Dass dieses positive Szenario mit vielen Fragezeichen behaftet
ist, zeigt sich allein in der Reaktion der Märkte auf die
Veröffentlichung der US-Wachstumsdaten am Freitag. Obwohl das
Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal um 1% sank und damit weniger
stark als prognostiziert, rutschten die Indizes zunächst ab - eine
deutliche Mahnung, dass die entstandenen Hoffnungen
Enttäuschungspotenzial bergen. So ist es keineswegs ausgemacht, dass
der Lagerzyklus nun - wie erwartet - die Auftragsentwicklung der
Unternehmen und somit die Konjunktur belebt. Außerdem drohen
Hiobsbotschaften vom Arbeitsmarkt, was den privaten Konsum hemmen
wird. Kurzum: Für Euphorie gibt es keinen Grund. Anleger sollten
wieder stärker auf die Risiken achten.

(Börsen-Zeitung, 1.8.2009)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
Weitere Informationen: www.boersen-zeitung.de


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