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Keine Ruhe mit der letzten Ruhe / DBU fördert Projekte zur Bestattungspraxis - Umweltbelastungen und Verwesungsprobleme

Geschrieben am 05-08-2009

Osnabrück (ots) - "Aus der Erde sind wir genommen, zur Erde sollen
wir wieder werden": Die Schöpfungsgeschichte bringt mit diesen Worten
den Kreislauf des Lebens und seine Endlichkeit zum Ausdruck. Auf
vielen der etwa 32.000 Friedhöfe in Deutschland ist aber dieses Zitat
eher Wunsch als Realität. Denn die letzte Ruhe lässt viele
Gemeindemütter und -väter nicht ruhen: Grundwasser und Boden können
durch den Verfall der menschlichen Körper belastet werden. Wegen
ungünstiger Bodenverhältnisse verwesen die Leichen zudem nicht.
Überlegungen, die Friedhöfe zu schließen, sind die Folge. "Damit
gehen nicht nur Teile der Stadtkultur und Denkmalpflege, sondern auch
der Naherholung und Besinnung für den Menschen verloren", erklärte
Dr. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der Deutsche Bundesstiftung
Umwelt (DBU). Sie hilft mit mehr als 500.000 Euro in vier
Modellprojekten, die Umweltbelastungen, aber auch die Bürde der
Friedhofsmitarbeiter beim Auflassen, also Räumen der Gräber, zu
verringern.

Nach einer DBU-geförderten Studie hat jede vierte von über 900
Friedhofsverwaltungen Probleme mit dem Verwesungsprozess der Leichen.
Die mit 51.000 Euro unterstützte Untersuchung des Zentralverbandes
des Deutschen Baugewerbes in Berlin und der Kieler
Christian-Albrechts-Universität (CAU) habe außerdem ergeben, dass
über lange Zeit nur dürftig Bodenanalysen stattgefunden hätten. Die
seien jedoch notwendig, um die Vor- und Nachsorge von Erdbestattungen
umweltverträglicher zu machen und Konservierungen zu vermeiden.

"Bestimmte Eigenschaften des Bodens verhindern bei Erdbestattungen
das Verwesen der Körper", erklärt DBU-Experte Franz-Peter
Heidenreich. In festen und nassen Böden seien die Särge luftdicht
abgeschlossen. Ohne Sauerstoff könne die Verwesung aber nicht
einsetzen. Die Hautfette des Verstorbenen verhärteten, umgäben den
toten Körper mit einer wachsartige Schutzschicht und verhinderten den
Verfall - "Wachsleichen" entstünden und verblieben so
jahrhundertelang im Boden. Für Friedhofsmitarbeiter, die die
Wachsleichen bei der Wiederbelegung von Gräbern "jenseits jeglicher
Pietetät" entsorgen müssten, sei es eine gesundheitliche und
psychische Belastung, klagt Heidenreich. Im Normalfall und in guten
Böden sei der körperliche Zerfall in etwa acht Jahren abgeschlossen.

Das DBU-Projekt habe außerdem gezeigt, dass während des
körperlichen Verfalls Bakterien des Toten und Medikamentenrückstände
in den Böden dominierten und eine Belastung für Boden und Grundwasser
darstellen könnten. Selbst Schwermetalle, die vermutlich von
Sargbeschlägen oder Amalgam-Zahnfüllungen stammten, hätten auf
Berliner Friedhöfen festgestellt werden können. "Durch regelmäßige
Grabpflege der Hinterbliebenen werden diese Rückstände verstärkt
ausgespült", stellt Heidenreich fest.

Auf die gewonnen Ergebnisse aufbauend, soll nun in einem weiteren
DBU-Projekt der Entwurf eines Leitfadens für die Eignung von
Friedhofsflächen für Erdbestattungen formuliert werden. Die weltweit
größte Umweltstiftung unterstützt die Christian-Albrechts-Universität
Kiel und die Firma Cemterra aus Münster mit rund 288.000 Euro. "Damit
können Friedhofsbetreiber individuelle Alternativen für eine umwelt-
und gesundheitsschonende Bewirtschaftung ableiten. Mit neuen
Möglichkeiten in der Planung und Sanierung von Flächen können auch
Wachsleichen verhindert werden", so Heidenreich.

In einem weiteren Projekt der Ingenieurgesellschaft entera
Umweltplanung und IT (Hannover) mit der Fachhochschule Osnabrück
sollen mit einer neuen Software die Bodeneigenschaften untersucht und
daraus Rückschlüsse gezogen werden. Mit einem Mausklick lasse sich
dann feststellen, welche Ruheflächen für Erdbestattungen geeignet und
welche eher problematisch seien. Mit rund 65.000 Euro unterstützt die
DBU die Programm-Entwicklung. Bisher seien solche Untersuchungen
häufig mit hohem Kosten- und Zeitaufwand verbunden gewesen, erläutert
Heidenreich. Nur ungefähre Richtwerte zu den Verwesungsfristen hätten
angegeben werden können. "Mit dem neuen Programm wird es möglich
sein, anhand der herrschenden Klima- und Bodeneigenschaften die
nötigen Ruhefristen des Toten genau und schnell zu ermitteln",
erklärt Heidenreich. Bei der Entwicklung des neuen Instruments
beziehe das Projekt-Team die Faktoren ein, die einen Einfluss auf die
Verwesung hätten: Bodentemperatur und -wassergehalt,
Niederschlagsmenge und -verteilung.

"Friedhöfe sind die meistfrequentierten Grünanlagen in
Deutschland. Doch es vollzieht sich derzeit ein Umbruch auf den
parkähnlichen Anlagen in den Städten", weiß Heidenreich. Der Anteil
der Urnen- und Anonymbestattungen steige an, und das Interesse an
großen Familiengräbern lasse nach. Es entstünden immer mehr
zusammenhanglose Brachflächen, so genannte Friedhofsüberhangflächen.
Die kirchlichen und kommunalen Träger seien mit der Pflege dieser
ungenutzten Flächen finanziell belastet. Schließlich drohe die
Entwidmung und Schließung. Der Fachbereich Architektur, Stadt- und
Landschaftsplanung der Universität Kassel sowie das Büro PlanRat -
Landschaftsarchitektur und Städtebau aus Kassel sehen in dieser
Situation die Chance, diese Flächen für eine nachhaltige und
ganzheitliche Umgestaltung weiter nutzen zu können. "Auf den großen
Flächen sollen Bestattungen in einer natürlich gestalteten Umgebung
möglich sein", erklärt Professor Dr. Stefan Körner vom Fachgebiet
Landschaftsbau und Vegetationstechnik der Uni Kassel. "Das entspricht
dem Trend und wäre eine Lösung für die Friedhofsbetreiber, die immer
mehr Probleme haben, ihre Grabflächen auszulasten, aber als grüne
Oasen der Erholung und Besinnung behalten wollen", so Körner weiter.
Die Friedhofsflächen, die vorerst nicht für Bestattungen verfügbar
sein müssen, sollen zu Orten der Naherholung und des Umwelt- und
Naturschutzes umgestaltet werden. Bei dem Vorhaben hilft die DBU mit
rund 125.000 Euro.

Durch den demografischen Wandel sei in den kommenden 20 Jahren mit
einem deutlichen Anstieg von Sterbefällen zu rechnen, sagt
Heidenreich. "Um die Probleme und möglicherweise ein langsames Ende
der stillen Naturoasen in den Städten und Gemeinden zu vermeiden,
können diese Projekte zur Bestattungspraxis eine wichtige Hilfe
sein."

Originaltext: Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6908
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6908.rss2

Pressekontakt:
Ansprechpartner
Franz-Georg Elpers
- Pressesprecher -
Isabel Krüger
Anneliese Grabara

Kontakt DBU:
An der Bornau 2
49090 Osnabrück
Telefon: 0541|9633521
Telefax: 0541|9633198
presse@dbu.de
www.dbu.de


Ansprechpartner für Fragen zu den Projekten:
Anika Meyer
FH-Osnabrück
Fakultät Agrarwissnschaften und Landschaftsarchitektur
Telefon: 0541/9695146
E-Mail: a.meyer@fh-osnabrueck.de

Prof. Dr. Rainer Horn
Christian-Albrechts-Universität Kiel
Telefon: 0431/8802573
E-Mail: rhorn@soils.uni-kiel.de

Martin Venne
FG Landschaftsbau/Vegetationstechnik
Universität Kassel
Telefon: 0561/8047142
E-Mail: asl@uni-kassel.de


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