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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Guttenberg/Verstaatlichung von Banken

Geschrieben am 06-08-2009

Bielefeld (ots) - Pest oder Cholera - vor dieser zweifelhaften
Wahl standen die Politiker vor wenigen Wochen, als es um die Rettung
des Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate ging. Die Frage lautete:
Verstaatlichung und damit Enteignung der Aktionäre oder Insolvenz mit
gravierenden Folgen für das Bankensystem. Dass die Wahl auf das
kleinere Übel fiel, die Verstaatlichung, war zwar richtig. Freuen
konnte sich darüber aber niemand. Denn letztlich muss der
Steuerzahler für die Fehler der Bankmanager aufkommen.
Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der
Senkrechtstarter in der deutschen Politik, hat nun mit der »zeitlich
begrenzten Staatsverwaltung« jenseits von »Pest und Cholera« einen
dritten Weg ausgemacht, um von der Pleite bedrohten Banken zu helfen.
Sein Vorschlag ist plausibel, denn die Rettung soll nicht zu Lasten
der Allgemeinheit gehen. Aktionäre werden zwar nicht enteignet,
müssen aber ihren Teil zur Sanierung beitragen. Natürlich könnte man
Guttenbergs Vorstoß als Wahlkampf-Taktik abtun. Gerade auch deswegen,
weil der Gesetzentwurf keine Chance hat, noch vor der Bundestagswahl
am 27. September beschlossen zu werden. Wer jedoch in den vergangenen
Wochen den Politikstil des jungen Ministers beobachtet hat, wer dabei
gesehen hat, dass zu Guttenberg keineswegs dem Volk nach dem Munde
redet, der sollte den Vorschlag ernst nehmen.
Das ist schon allein deswegen ratsam, weil die Bankenkrise die
Politik noch lange beschäftigen wird. Sie ist keineswegs überwunden,
weil US-Großbanken wie Goldman Sachs und JP Morgan oder auch die
Deutsche Bank wieder Gewinne machen. Wie ernst die Situation ist,
zeigen die Millionenverluste der Commerzbank. Nach der Finanzkrise
wartet die Kreditkrise. Die Rezession dürfte viele Firmen in die
Insolvenz treiben - mit fatalen Folgen für die kreditgebenden Banken.
Umso bedenklicher ist, dass Großbanken im Investmentbanking wieder
Milliarden verdienen. Also genau in jenem Bereich, der als Auslöser
der globalen Finanzkrise gilt. Hier wurden die Hypothekenkredite
amerikanischer Hausbesitzer gebündelt, zu komplizierten Wertpapieren
verpackt - den Kreditverbriefungen - und schließlich weltweit
verkauft. Als die US-Hausbesitzer wegen steigender Zinsen ihre Raten
nicht mehr bezahlen konnten, platzte die Immobilienblase. Die
Kreditverbriefungen waren nichts mehr wert, Banken gingen pleite.
Geht das Zocken nun wieder los? Die Frage lässt sich nicht so einfach
beantworten. »Eine Bank ist dazu da, Risiken einzugehen. Sie darf
sich nur nicht verheben«, sagt Wolfgang Gerke, Präsident des
Bayerischen Finanzzentrums. Kreditverbriefungen jetzt zu verteufeln,
wäre falsch. Sie sind ein Instrument der Banken, Risiken zu streuen.
Gefährlich wird es aber bei Mehrfach-Verbriefungen, wenn also niemand
mehr weiß, welche Risiken in dem Wertpapier-Produkt stecken. Das
sollte die Politik verbieten.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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