Westdeutsche Zeitung: Schweinegrippe = von Wibke Busch
Geschrieben am 06-08-2009 |
Düsseldorf (ots) - Über kaum etwas wird so oft und so gerne geklagt, wie über das Geld - beziehungsweise darüber, dass nicht genug davon da ist. Auch die Beteiligten im Gesundheitssystem führen diese Debatte seit Jahren, ob Ärzte, Gesundheitspolitiker oder gesetzliche Krankenkassen, ob vor Einführung des Gesundheitsfonds oder heute mit dem neuen Finanzsystem. Die Versicherten verfolgen die Auseinandersetzungen mal staunend, oft verärgert, manchmal auch amüsiert. Was aber die Kassen seit gut einer Woche zur Finanzierung der Impfungen gegen die Schweinegrippe fordern, ist völlig überzogen. Sie verunsichern die Bürger noch zusätzlich, obwohl schon die Schweinegrippe allein genug Verunsicherungspotenzial birgt. Erst drohten die Kassen den Versicherten mit Zusatzbeiträgen, falls der Staat nicht finanziell in die Bresche springe. Nun also soll der - wohlgemerkt gerade erst gesenkte - einheitliche Kassenbeitrag wieder angehoben werden, um die Kosten für die größte Impfaktion seit 50 Jahren abzudecken. Damit wollen sie ganz offensichtlich den Druck auf die Politik nochmals erhöhen. Die neueste Forderung ist dabei ein geschickter Schachzug. Denn die Entscheidung über eine Anhebung trifft die Bundesregierung, die dann den Schwarzen Peter hat. Die Zusatzbeiträge, maximal 36 Euro pro Monat, müssen dagegen von den einzelnen Kassen erhoben werden - und stellen damit einen Wettbewerbsnachteil dar. Dabei ist die Sache eigentlich ganz einfach: Die Gesundheitsreform sieht vor, dass der Kassenbeitrag dann steigen muss, wenn er nur noch 95 Prozent der Ausgaben abdeckt. Und die Regierung hat es in der Hand, in Notfällen mit weiteren Steuermitteln einzuspringen. Das alles kann und sollte ganz unaufgeregt analysiert und geregelt werden - intern zwischen Regierung und Kassen. Und zwar dann, wenn auch alle Fakten zur Impfaktion auf dem Tisch liegen. Eine Studie hat ergeben, dass die meisten Bürger Einschnitte bei ihrer medizinischen Versorgung fürchten. Sie erwarten steigende Kosten und steigende Beiträge bei zugleich sinkenden Leistungen. Das Vertrauen in das im internationalen Vergleich immer noch gute deutsche Gesundheitssystem hat drastisch gelitten. Die Kassen tun mit ihrem Alarmismus das ihrige dazu.
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