Berliner Morgenpost: Die Talfahrt geht endlich zu Ende - Leitartikel
Geschrieben am 07-08-2009 |
Berlin (ots) - Die tiefe Sorge ist der Zuversicht gewichen. Die Indikatoren mehren sich, dass Deutschland von der schwersten Finanz- und Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten doch nicht so schwer gebeutelt wird, wie zunächst befürchtet. Jetzt vermeldet das Statistische Bundesamt in Wiesbaden, dass die deutschen Exporte im Juni gegenüber dem Vormonat überraschend stark gestiegen sind (plus sieben Prozent). Die weit positiver als erwartet ausgefallenen Daten zum amerikanischen Arbeitsmarkt wecken Hoffnung auf nun auch bald wieder steigende Exporte in die USA. Ebenfalls gestern bestätigte eine Untersuchung der Axel Springer AG, dass die Nachfrage nach Konsumgütern des täglichen Bedarfs trotz der Wirtschaftsflaute stabil ist. Das passt zu der allem Krisengerede zum Trotz insgesamt unvermindert guten Konsumstimmung im Lande, die wiederum durch eine robuste Preisstabilität (im Juli fielen die Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahr sogar um 0,6 Prozent) gestützt wird. Schließlich wurden in dieser Woche auch noch positive Zahlen über die Auftragseingänge bei der deutschen Industrie vorgelegt: plus 4,5 Prozent - soviel, wie seit zwei Jahren nicht mehr. Damit dürfte die Rezession nicht zuletzt dank Abwrackprämie und weiterer staatlicher Anreize wie Konjunkturprogramme oder längerer Finanzierung von Kurzarbeit ihre Talsohle erreicht haben. Nach dem zuletzt monatlich dramatisch gesunkenen Wirtschaftswachstum könnte das gerade begonnene dritte Quartal sogar schon wieder ein leichtes Plus bringen. Dennoch muss sich die Erleichterung noch in Grenzen halten. Auch die deutsche Wirtschaft war in der seit 2008 richtig spürbar gewordenen Krise einem gewaltigen Schrumpfungsprozess ausgesetzt. Selbst wenn es jetzt aus dem Tal nach oben geht, wird es noch längere Zeit dauern, bis auch nur der Stand von vor der Krise erreicht wird. Aber immerhin: Sie wird nach allen jetzt verfügbaren Daten weniger lang andauernd sein, als uns all die neunmalklugen Wirtschaftsweisen vorhergesagt haben. Sie haben sich einmal mehr geirrt wie sie auch versagt haben beim rechtzeitigen Erkennen und Warnen vor dem globalen Ökonomie-Desaster. Die - wenn auch langsame - Erholung der Wirtschaft verspricht neue Hoffnung auch für den Arbeitsmarkt. Wurde bislang von den Experten mit Massenentlassungen zum Herbst hin gerechnet, könnten die vermehrt positiven Signale aus den Unternehmen auch dieses düstere Szenario widerlegen. Wer neue Marktchancen sieht, wird alles daran setzen, bewährte und qualifizierte Mitarbeiter zu halten, nach erfolgreichem Sanierungskurs vielleicht sogar neue einzustellen. Um die deutsche Wirtschaft ist es besser bestellt, als lange befürchtet. Die berechtigte Zuversicht darf allerdings nicht darüber hinweg täuschen, dass noch ein langer Weg vor uns liegt.
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