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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT zum Thema Aufschwung

Geschrieben am 04-09-2009

Bielefeld (ots) - Je größer die Unsicherheit über den Verlauf der
Wirtschaftskrise, desto intensiver das Bemühen, die Lage in möglichst
poetischen Bildern zu beschreiben. Lange Zeit dominierte dabei die
Methapher von dem Tunnel und dem Licht, das an dessen Ende so
sehnsüchtig erwartet wird. Inzwischen ist diese Redewendung etwas
abgedroschen. So verlegen sich die Literaten unter den Unternehmern,
Verbandsvertretern und Wirtschaftspolitikern seit einiger Zeit auf
Landschaftsbilder. Ausgangspunkt ist der steile Abhang eines Berges,
der irgendwann in einem Tal mündet.
Ob und wann es wieder aufwärts geht und ob sich ein neuer Berg oder
nur eine Hügellandschaft oder sogar eine platte Tiefebene anschließt,
sind abseits der Poesie die wichtigen Fragen. Ihre Beantwortung ist
schwierig. So ist Zeit da, eine andere, modernere Form der Lyrik ins
Spiel zu bringen. Minimalistisch werden nun Buchstaben benutzt, um
den Verlauf darzustellen.
Optimal wäre aus Sicht der Ökonomen ein »V«: Auf den steilen Abstieg
folgt in ganz kurzer Zeit ein ebenso steiler Aufstieg.
Realistischer ist sicher das »W«: Bevor die Konjunktur zu alter
Pracht und Höhe zurückkehrt, muss sie noch manches Auf und Ab hinter
sich bringen.
Die schlechteste Variante aber ist unter den gegebenen Umständen das
»L«: Dieser Buchstabe beschreibt die Furcht, dass der steile Abhang
in eine sich lang ausdehnende Tiefebene übergeht.
Ob V, W oder doch L ist für die Unternehmen und damit für den
Arbeitsmarkt von entscheidender Bedeutung. Wer von einer schnellen
Rückkehr zu den Zeiten des Wirtschaftsbooms ausgeht, wird als
Unternehmer bemüht sein, das Personal möglichst komplett im Betrieb
zu halten. Wer dagegen an eine lang andauernde Krise glaubt, muss
seine Kapazitäten aus betriebswirtschaftlicher Sicht auch in
personeller Hinsicht anpassen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht
allerdings verlängert ein solches Verhalten die Krise, weil der
Anstieg der Arbeitslosigkeit naturgemäß den Konsum und damit die
Produktion dämpft.
Wie sich die Nachrichten gleichen: Wie zum Jahreswechsel und im
Frühjahr so korrigieren auch jetzt die Wirtschaftsinstitute und
Politiker in kurzem Abstand ihre Prognosen. Nur werden zum Ende des
Sommers die Abschwungquoten glücklicherweise kleiner und die
prognostizierten Zeiträume bis zur Erholung der Konjunktur kürzer.
Auf ein V zu hoffen ist schön; damit zu rechnen aber könnte
gefährlich sein. In diesem Fall nämlich würde die erste
Hiobsbotschaft das Bild wie ein Luftschloss auflösen. Aus
enttäuschten Optimisten jedoch werden leicht mutlose Pessimisten.
Wie so oft liegt die Wahrheit vermutlich auch in diesem Fall in der
Mitte. Das heißt: Kein V erwartet uns, und zum Glück auch kein L.
Stattdessen geht es wie beim W und wie auf wogender See und wie in
einer Hügellandschaft auf und ab. Tendenz: Langfristig ist der
Aufschwung unvermeidbar.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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