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Börsen-Zeitung: Zeichen der Ermüdung, Börsenkommentar "Marktplatz" von Christopher Kalbhenn

Geschrieben am 04-09-2009

Frankfurt (ots) - Liebhaber von Statistiken kommen dieser Tage
ganz auf ihre Kosten. Denn die Märkte tun genau das, was sie von
ihnen erwarten. Der Dax ist mit Verlusten von in der Spitze 3,7% in
seinen traditionell schwächsten Monat gestartet, in dem er im
historischen Durchschnitt 2,2% eingebüßt hat. Auch der feste
Goldpreis, der wieder an der Schwelle von 1000 Dollar anklopft,
schickt sich an, die Norm zu erfüllen. Die durchschnittliche
September-Performance des Edelmetalls beläuft sich auf +2,9%.

Allerdings haben diese Bewegungen wenig mit dem Start des
Septembers und den historischen Durchschnitten dieses Monats zu tun.
Ursache ist vielmehr die Wette der Märkte auf eine schnelle und
nachhaltige konjunkturelle Erholung, die jetzt zurückgefahren wird.
Die entsprechenden Kursbewegungen zeigen vor diesem Hintergrund nun
Ermüdungserscheinungen. Es passt ins Bild, dass neben den Aktien auch
der Ölpreis und die Notierungen für Industriemetalle zuletzt
zurückgefallen sind, sich die Credit-Spreads seit Beginn des Monats
ausgeweitet haben, der Dollar Stabilisierungstendenzen zeigt und die
zehnjährige Treasury-Rendite den tiefsten Stand seit Mitte Juli
erreicht hat.

Als Ermüdungssignal der Erholungs-Rally kann auch die Reaktion auf
erneut positiv überraschende Daten gewertet werden. Der viel
beachtete US-Konjunkturindex des Institute for Supply Management für
die verarbeitende Industrie stieg erstmals seit Anfang 2008 wieder
über die Schwelle von 50 Zählern, die abnehmende Aktivität und
Wachstum voneinander trennt, und das wesentlich deutlicher, als von
den Marktteilnehmern erwartet worden war. Dennoch gingen die Kurse
bei den Aktien und Rohstoffen unter dem Druck von Gewinnmitnahmen
zurück.

Die Marktkorrekturen lassen sich jedoch nicht nur durch
Positionsbereinigungen erklären. Auch von fundamentaler Seite erhält
der Markt Signale, bezüglich der Erholungserwartungen noch etwas
zurückhaltend zu sein. Die beiden wichtigsten Notenbanken, die
Federal Reserve und die Europäische Zentralbank, haben durchblicken
lassen, dass sie Märkten und Wirtschaft noch über eine geraume Zeit
mit sehr niedrigen Zinsen und unkonventionellen monetären Maßnahmen
helfen werden. Präziser wäre wohl: Die Währungshüter sind der
Auffassung, dass die Lage trotz der Stabilisierung immer noch so
prekär ist, dass die Nothilfen aufrecht erhalten werden müssen.

Bestätigt werden sie von den realen US-Daten, die zuletzt im
Unterschied zu den Stimmungsindikatoren nicht mehr ganz so positive
Signale gegeben haben. Dazu zählt neben den hinter den Erwartungen
zurückgebliebenen Industrieaufträgen insbesondere der Arbeitsmarkt.
So hat sich die Verlangsamung des Stellenabbaus entgegen den
Befürchtungen von Teilen des Marktes im August zwar fortgesetzt. Die
Arbeitslosenrate überraschte jedoch durch einen Anstieg auf 9,7%, was
dem höchsten Stand seit mehr als einem Vierteljahrhundert entspricht.
Dass die Rally an den Aktien-, Rohstoff- und Credit-Märkten ein
zumindest vorläufiges Ende gefunden hat, ist angesichts des
derzeitigen Umfelds und der nach wie vor mit erheblichen Risiken
behafteten Aussichten weit weniger erstaunlich, als es eine
Fortsetzung der Rally gewesen wäre.

Im Zweikampf zwischen Optimisten und Pessimisten werden demnächst
wieder die Unternehmen den Schlüssel in die Hand nehmen. In den USA
beginnt bald die Phase der Vorankündigungen, die bereits einen
Vorgeschmack auf die Berichtssaison geben werden. Die Sommer-Rally
wurde von der Berichtssaison zum zweiten Quartal losgetreten, die
weit weniger schlimm ausfiel als befürchtet, weil die Analysten ihre
Gewinnschätzungen unter dem Eindruck des konjunkturellen Absturzes
vom vierten Quartal 2008 und vom ersten Quartal 2009 zu stark
zurückgeschraubt hatten. Mit den Berichten zum dritten Quartal rückt
nun eine besonders kritische Phase heran. Denn üblicherweise werden
bei dieser Gelegenheit auch die Ausblicke auf den kommenden Turnus
gegeben. Fallen die Ausblicke pessimistisch bzw. zu vage aus, werden
sich die Zweifel an der Erholung deutlich weiter verstärken.

(Börsen-Zeitung, 5.9.2009)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
Weitere Informationen: www.boersen-zeitung.de


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