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Westdeutsche Zeitung: US-Raketenschild = von Eberhard Fehre

Geschrieben am 17-09-2009

Düsseldorf (ots) - Wenn Obama nun den Raketenschild in Polen und
Tschechien, ein Lieblingsprojekt seines Vorgängers Bush, begraben
hat, dann ist dies nicht nur eine gute Entscheidung. Sie liegt auch
in der Logik der amerikanischen Interessen. Man mag dabei der
offiziellen Begründung, die iranische Gefahr sei geringer als zuvor
vermutet, glauben oder auch nicht: Der Verzicht auf das Waffensystem
ist vor allem ein Signal an Moskau, dass Washington die russischen
Sicherheitsinteressen ernst nimmt.
Offenbar glaubt die neue US-Regierung, bei der Bewältigung ihrer
Herausforderungen in Afghanistan, Irak, Iran und im Nahost-Konflikt
durch Zusammenarbeit mit Russland nur gewinnen zu können. Zu viel
jedenfalls, als dass man diesen Gewinn durch ein zweifelhaftes
Muskelspiel an den russischen Grenzen aufs Spiel setzen sollte. Denn
das teure, technisch nicht ausgereifte und politisch gefährliche
Abwehrsystem, das langfristig die russische Zweitschlagsfähigkeit in
Frage stellen würde, musste Moskau und Washington auf
Konfrontationskurs zwingen, mehr jedenfalls, als dies bei Großmächten
ohnehin der Fall ist. Es war wohl am Ende eine einfache
Kosten-Nutzen-Rechnung.
Bestätigt fühlen darf sich übrigens auch Deutschland, das dem Projekt
von Beginn an skeptisch gegenüberstand. Aber natürlich gibt es auch
Verlierer. Weniger in Prag, wo diese Entscheidung eher mit
Erleichterung aufgenommen werden wird, lehnten das US-Projekt doch
weite Teile der Bevölkerung ab. Anders in Warschau, das sich unter
den Brüdern Kaczynski schon auf dem Weg zum US-Bundesstaat sah. Doch
auch hier könnte die Entscheidung eine heilsame Wirkung haben. Schon
die Gedenkfeiern auf der Westerplatte, zu denen zwar Merkel und Putin
anreisten, die USA sich aber nur mit einem Beamten vertreten ließen,
hatten den Glauben an die "Sonderbeziehungen" zu Washington
erschüttert. Zwar dürfte das national-konservative Lager jetzt von
Verrat reden. Der liberale Premier Tusk aber dürfte diese Lektion
wohl insgeheim begrüßen, gibt ihm dies doch mehr Freiheiten, das
durch die Kaczynskis beschädigte Verhältnis zu Europa und Russland
gleichermaßen zu normalisieren. Und das wäre immerhin ein
Kollateralschaden, von dem wir alle etwas hätten.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
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Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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