Berliner Morgenpost: Es wird wieder spannend in der Berliner Politik
Geschrieben am 30-09-2009 |
Berlin (ots) - Die Bundestagswahl hat Deutschlands politische Landschaft in ein an die Achtzigerjahre erinnerndes Schwarz-Gelb gefärbt. Von den Herausforderungen eines Fünfparteiensystems, wie sie Politikwissenschaftler und Parteistrategen seit Jahren beschreiben, ist allenfalls auf der rot-rot-grünen Oppositionsseite des Parlaments etwas zu spüren. In den nächsten vier Jahren wird das klassische Schauspiel bürgerlich-liberal gegen links in seinen aktuellen Schattierungen aufgeführt. Im Zukunftslabor Berlin ist alles anders. Noch nie und nirgendwo in Deutschland standen vier mittelgroße Parteien in der Gunst der Wähler so dicht beieinander. Die erstplatzierte CDU mit 22,8 Prozent und die Grünen mit 17,4 Prozent auf Rang vier trennen nur 5,4 Prozentpunkte. Dazwischen drängen sich mit 20,2 Prozent gleichauf SPD und Linke. Nur die FDP fällt mit 11,5 Prozent ein wenig ab. Dieses Ergebnis bringt Leben in die politische Szene der Stadt, die sich schon leicht gelangweilt auf einen ewigen Klaus Wowereit an der Spitze des Senats eingestellt hatte. Wenn 2011 das Berliner Abgeordnetenhaus neu gewählt wird, übt die SPD für zehn Jahre die politische Hegemonie in Berlin aus. Die CDU verirrte sich in ihrer Kiezpolitik. Die Grünen hofften, eines Tages bei Wowereit Gnade als Koalitionspartner zu finden. Die Linken hatten genug zu tun, im Kampf der Pragmatiker gegen die Radikalen in ihrer neu formierten Partei ihre Rolle als Regierungspartner zu verteidigen. 2011 könnte alles anders werden. Die SPD schwächelt, und das nicht nur wegen des verheerenden Bundestrends. Selbstkritische Sozialdemokraten wissen, dass auch die Landespolitik nicht wirklich für die SPD läuft. Die umkämpften Volksbegehren zu Tempelhof und Religionsunterricht haben Fronten verhärtet. Riesige Steuerausfälle und neue Ausgabenlaune lassen vorangegangene Sparanstrengungen sinnlos erscheinen. Die Schulreform ist noch lange keine Gewinnergeschichte. Die Gewerkschaften lassen sich nicht mit mickrigen Lohnangeboten ruhigstellen. Projekte wie Landesbibliothek und Kunsthalle sind teuer und unpopulär. Dass die S-Bahn versagt und das Schlossprojekt im Rechtsstreit versinkt, kreiden viele Bürger dem Senat an, auch wenn der dafür nicht wirklich etwas kann. CDU, Grüne und Linke werden 2011 mit neuem Führungsanspruch gegen Wowereit und die durch Flügelkämpfe geschwächte SPD antreten. Um zu gewinnen, müssen sie eine echte Alternative zu Rot-Rot und dem ewigen Wowereit formulieren. Dazu braucht es Bündnisfähigkeit nach allen Seiten, Ideen für gemeinsame Projekte und vor allem überzeugendes Personal, das den Bundespromi Wowereit glaubhaft herausfordern kann. Der Regierende Bürgermeister hingegen muss Gas geben und aufhören, sich landespolitische Auszeiten zu gönnen. Die nächsten zwei Jahre und die Wahlen 2011 werden kein Selbstläufer für die SPD. Berlin kann es nur guttun, wenn die Parteien nicht länger selbstbezogen vor sich hinwerkeln, sondern wirklich über Rezepte zur Führung der Stadt streiten.
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