Mindener Tageblatt: Kommentar zu SPD, FDP und Union / Begrenzte Halbwertzeiten
Geschrieben am 01-10-2009 |
Minden (ots) - Von Christoph Pepper Die SPD arbeitet ihre Wahlniederlage wie erwartet in einer Palastrevolution auf und sortiert dabei einmal mehr ihre Führung in flottem Tempo völlig neu. Über deren Halbwertzeit darf getrost spekuliert werden. Währenddessen blasen die Koalitionspartner in spe schon mal kräftig gegenseitig die Backen auf. Kein Tag vergeht, an dem nicht CDU, CSU und Liberale dies, das oder jenes aus ihrem jeweiligen Wahlkatalog als sozusagen unverhandelbar bezeichnen. Nähme man all diese Ankündigungen zum Nennwert, bräuchten sich die Partner in der kommenden Woche erst gar nicht zusammensetzen. Jeder weiß, dass Trommeln zum Geschäft gehört. Im Brustton der Überzeugung verkündete Vorfestlegungen haben in dieser Situation daher eine politische Halbwertzeit bis kurz nach Ende der Pressekonferenz, auf der sie vorgetragen wurden. Koalitionen entstehen auf der Basis von Kompromissen, sonst wären sie ja keine. Deutlich wird jedoch die Rollenverteilung, mit der die neue Regierung wohl auf Kurs gehen wird: die FDP übernimmt die ordnungs- und wirtschaftspolitische Grundsatzposition, die Unionsparteien sorgen für die soziale Abmilderung. Insofern stimmt die Beobachtung, dass es in Deutschland keine Regierungsbildung ohne sozialdemokratische Beteiligung gibt, auch wenn die SPD gar nicht mitmacht. Den von Opposition und Gewerkschaften aufgestellten Popanz von der drohenden sozialen Eiseskälte jedenfalls will man umgehend als Pappkameraden demaskieren. Und wird das wohl auch. Weder Union noch FDP haben ein Interesse daran, die im kommenden Jahr im größten Bundesland NRW anstehend Wahlen gleich wieder krachend zu verlieren - und ihre schöne Bundesratsmehrheit gleich mit dazu. Die anstehenden Koalitionsverhandlungen werden die Bandbreite der Profilierungsmöglichkeiten für beide Seiten ausleuchten. Dass sie sich nicht einig werden, ist auszuschließen.
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