Boersen-Zeitung: Schlummernde Werte, Kommentar zum Verkauf der Brenntag von Walther Becker
Geschrieben am 25-07-2006 |
Frankfurt (ots) - Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wie sich an der Verselbständigung von Konzern-Randaktivitäten verdienen lässt, dann liefert ihn der Fall Brenntag. Der Chemiedistributeur wechselt mit einer Bewertung von 3,5 Mrd. Euro inklusive Schulden den Besitzer - von einem amerikanischen zu einem europäischen Buy-out-Fonds. Der Blick zurück lohnt, denn er weist den Weg nach vorn. Zumal sich mit der einstigen Chemiesparte von Henkel - heute Cognis - ein ähnlicher Fall abzeichnet.
Brenntag fristete schon unter dem Dach des Veba-Konglomerats ein Schattendasein. Als sich die aus Veba und Viag entstandene Eon entschloss, im Zuge ihrer Konzentration auf Strom und Gas die Logistik unter dem Traditionsnamen Stinnes an die Börse zu führen, da stand die Spedition Schenker im Vordergrund - kaum jemand hatte Brenntag auf dem Schirm. Dann schlug die Deutsche Bahn zu, die sich auf der Straße breit machen wollte, und erwarb Stinnes für 2,5 Mrd. Euro. Der Schienenriese wollte ausschließlich Schenker. So fielen 2003 die Würfel der Bahn für Bain Capital, die für Brenntag und den Stahlhändler Interfer 1,4 Mrd. Euro zahlte. Nun zeigten die Amerikaner, wie der Hase in Buy-outs läuft: Interfer wurde verkauft und Brenntag Schulden satt aufgebürdet. Anfang 2005 gab es die erste, sogenannte "Rekapitalisierung", bei der Bain 200 Mill. Euro abzog und Brenntag neue Schulden aufhalste. Es folgte ein Jahr später der zweite "Recap" - bei der Umfinanzierung über 1,9 Mrd. zog Bain 450 Mill. Euro heraus. Der Investor hatte den eigenen Einsatz vervielfacht - und blieb Gesellschafter. Bis jetzt. Nun geht Brenntag in einer maßgeblich schuldenfinanzierten Übernahme an BC Partners.
Wie die Geldvermehrung funktioniert? Das stabile Geschäft des weltgrößten Chemiedistributeurs verkraftet die Schuldenlast, die aus dem Cash-flow abzustottern ist. Die überschießende Liquidität an den Fremdkapitalmärkten und die niedrigen Zinsen gestalten das Aufhäufen von Schulden lukrativer als den Einsatz von Eigenkapital.
BC Partners ventiliert schon Börsenpläne für Brenntag - doch für New York, nicht Frankfurt. Celanese, die einstige Hoechst-Chemie, die von Blackstone an die Nyse verfrachtet wurde, lässt grüßen. Das Beispiel Brenntag zeigt, wie sich an schlummernden Werten in Konzernen verdienen lässt. Doch an deutschen Investoren geht dies bislang vorbei.
Originaltext: Börsen-Zeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=30377 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
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