Börsen-Zeitung: Trauerspiel, Kommentar zum Streit um Thilo Sarrazin von Jürgen Schaaf
Geschrieben am 13-10-2009 |
Frankfurt (ots) - Dieser Kampf hat nur Verlierer hervorgebracht: Im eskalierten Streit zwischen Bundesbankchef Axel Weber und dem widerspenstigen Vorstandsmitglied Thilo Sarrazin lassen nicht nur die Streithähne Federn. Die gesamte Institution steht reputationstechnisch ziemlich entblößt da.
Dem ehemaligen Berliner Finanzsenator wurden ordentlich die Flügel gestutzt. Dem notorisch provokanten Sozialdemokraten, der mit einem umstrittenen Interview für Disharmonie im Bundesbankvorstand gesorgt und eine schrille Debatte in der Öffentlichkeit angestimmt hatte, wurden Teile seiner Zuständigkeiten entzogen. Von einer Entmachtung Sarrazins kann aber ebenso wenig die Rede sein wie von einem Sieg Webers in dem Zwist. Denn der oberste Währungshüter Deutschlands musste deutlich zurückstecken, die Neuordnung der Vorstandszuständigkeiten ist nur ein fauler Kompromiss.
Ursprünglich hatte Weber dem spektakelfreudigen Sarrazin den Rücktritt nahegelegt - um Schaden von der Institution fernzuhalten. Nachdem diese Idee wenig Aussicht auf Erfolg hatte, ruderte Weber zurück. Sarrazin sollte, so sickerte durch, zum IT-Chef degradiert werden und seine Zuständigkeiten für Bargeld und Risiko-Controlling verlieren. Am Ende bleibt Sarrazin aber "Chief Risk Officer" - und Webers Image als durchsetzungsstarker Manager ist zumindest angekratzt. In seinem Bewerbungsschreiben für die Nachfolge von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet, der Ende 2011 aus dem Amt scheidet, macht sich das nicht gut.
Als wäre der öffentliche Krawall nicht schon genug gewesen, setzte die Notenbank gestern noch einen drauf: Der Vorstand der Bundesbank habe sich in einer Aussprache auf die Grundlagen für eine "weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit verständigt", ließ man offiziell mitteilen. Wer's glaubt, wird vielleicht selig - er wäre aber auch reichlich naiv. So fließend können die Grenzen zwischen Peinlichkeit und Realsatire offenbar sein.
Der gesamte Bundesbankvorstand hat durch diese Posse viel öffentlichen Kredit verspielt. Der Ruf der Behörde ist beschädigt. Dass Sarrazin innerhalb weniger Monate für mehr Unterhaltungswert sorgte als die Bundesbank in den zurückliegenden 60 Jahren, ist ein schwacher Trost. Dieses Theater war alles in allem ein Trauerspiel. Und es steht zu befürchten, dass der Vorhang noch nicht gefallen ist.
Originaltext: Börsen-Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
Pressekontakt: Börsen-Zeitung Redaktion Weitere Informationen: www.boersen-zeitung.de Telefon: 069--2732-0
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
230617
weitere Artikel:
- Stellenausschreibungslösungen von eQuest erreichen Oracle Validated Integration mit Oracles PeopleSoft Enterprise San Ramon, Kalifornien (ots/PRNewswire) - - Internationaler Gateway zur Übermittlung von Stellenausschreibungen steht PeopleSoft Enterprise-Anwendern offen eQuest, im Bereich der Übermittlung von Stellenausschreibungen und Internet-Mediendiensten weltweit führend, gab heute bekannt, dass sein Gateway zur Versendung von Stellenausschreibungen sowie seine preisgekrönte Stellenbörsen-Performance-Software die von Oracle geprüfte Integration (Oracle Validated Integration) mit Oracles PeopleSoft Enterprise 9.0 Candidate Gateway erreicht habe. mehr...
- Digi-Data gibt Partnerschaft mit Hitachi Data Systems bekannt Broomfield, Colorado (ots/PRNewswire) - - Vereinbarung führt zum Aufbau eines dynamischen Cloud-Storage-Portfolios Digi-Data Corporation verkündete heute den Aufbau einer Partnerschaft mit Hitachi Data Systems Corporation, um zukünftig ein umfassendes, abgesichertes Cloud-Storage-Portfolio anzubieten. Dank der integrierten Auswahl an branchenweit führenden Softwareanwendungen eignen sich Digi-Datas Internet-Speicherlösungen ideal zur Datensicherung, Verwaltung von Medieninhalten sowie zum Datenzugriff per Fernverbindung. "Digi-Data mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Gesundheit / Krankenhäuser / Finanzen Osnabrück (ots) - Langfristig denken Gute medizinische Versorgung wird in Zukunft komplexer denn je. Angesichts der demografischen Entwicklung stehen die Krankenhäuser vor immensen Herausforderungen. Allein die Zahl der Demenzkranken in Deutschland wird sich einer Studie zufolge bis 2050 verdoppeln. Andere Krankheiten wie Schlaganfall oder Herzinfarkt werden nach Hochrechnungen ebenfalls erheblich zunehmen. Die Kliniken müssen sich für diese Veränderungen rüsten. Wichtig ist jedoch, dass ihnen die finanziellen Mittel dafür zur mehr...
- WAZ: IG BCE-Chef fordert neuen Energiekompromiss Essen (ots) - Der neue Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, hofft unter der künftigen schwarz-gelben Bundesregierung auf einen neuen Energiekompromiss. "Wir brauchen einen neuen Energiekonsens, der langfristig die Weichen stellt für eine ausgewogene, sichere, preisgünstige und umweltverträgliche Versorgung", sagte Vassiliadis der Essener WAZ-Gruppe (Mittwochausgabe). "Darüber sollten Regierung, betroffene Unternehmen, gesellschaftliche Gruppen und Gewerkschaften gemeinsam beraten. mehr...
- 325 000 Personen erhielten Ende 2008 Hilfe zum Lebensunterhalt Wiesbaden (ots) - Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) erhielten zum Jahresende 2008 in Deutschland rund 325 000 Personen laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII "Sozialhilfe"). Dies waren 4,0% mehr Hilfebezieher als im Vorjahr. Bundesweit kamen Ende 2008, wie in den beiden Vorjahren, rund 4 Hilfebezieher auf 1 000 Einwohner. In Berlin war der Anteil der Empfänger am höchsten (6,4 Empfänger je 1 000 Einwohner) und in Baden-Württemberg am niedrigsten (1,4 mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|