Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Kündigungen und Arbeitsgerichtsprozessen wegen Bagatellvergehen
Geschrieben am 18-10-2009 |
Bielefeld (ots) - Von Wolfgang Schäffer Ob Frikadellen, Brötchen, Maultaschen oder Brotaufstrich - Kündigungen und entsprechende Arbeitsgerichtsprozesse wegen so genannter Bagatellvergehen haben zuletzt wiederholt für Schlagzeilen gesorgt. Dabei ist kaum zu glauben, dass die Arbeitnehmer plötzlich unehrlicher oder gar krimineller geworden sind. Wer hat nicht schon einmal einen Kuli, ein paar Büroklammern oder ein paar Schrauben mit nach Hause genommen? Wer konnte bei knurrendem Magen stets der Versuchung des »Mundraubs« widerstehen? Hätten alle diese Fälle gleich zur fristlosen Kündigung geführt, würden einige Betriebe längst leerstehen. Gleichwohl sollte den Arbeitgebern nicht generell unterstellt werden, die derzeitige Krisensituation der Wirtschaft auszunutzen, um sich schnell und ohne großen finanziellen Aufwand von älteren und damit oft teuren Beschäftigten trennen zu können. Die Kündigungen sind zweifellos so spektakulär wie umstritten - auf die gesamte Arbeitswelt gesehen handelt es sich um Einzelfälle. Diese Einzelfälle jedoch rücken die Arbeitgeberseite in ein sehr schlechtes Licht. Hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Und nicht zu vergessen: Jeder Prozess, der vor den ohnehin überlasteten Gerichten ausgefochten wird, kostet Geld. Unverständlich ist vor allem, dass die Arbeitgeber bei den missbilligten Handlungen ihrer Beschäftigten immer gleich zum härtesten Mittel, der fristlosen Kündigung, gegriffen haben. Auf ein klärendes Gespräch, eine mündliche Zurechtweisung oder eine schriftliche Abmahnung wurde verzichtet. Warum? Die Antwort liegt auf der Hand. Der Griff zur Bulette oder zum Brötchen hat bloß einen willkommenen Vorwand geliefert, einen unliebsam gewordenen Arbeitnehmer feuern zu können. So aber werden die Einzelfälle zum denkbar schlechten Signal: Die Unternehmenskultur geht den Bach runter. Sitte und Anstand geraten aufs Abstellgleis. Um an dieser Stelle nicht falsch verstanden zu werden: Diebstahl ist eine Straftat. Und da ist es prinzipiell egal, ob es um zehn Blatt Druckerpapier, den Kugelschreiber, das Brötchen, eine Scheibe Fleischwurst, die Winterreifen des Dienstwagens oder gar das angesparte Geld für die Weihnachtsfeier geht. Doch neben einem Anstellungsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollte immer auch ein Vertrauensverhältnis stehen. Letzteres ist im Gegensatz zum ersten zwar nicht juristisch, wohl aber moralisch bindend. So ist kaum anzunehmen, dass - wie im Fall der 58-jährigen Altenpflegerin aus Radolfzell - nach 17 Jahren Betriebszugehörigkeit sechs verbotenerweise eingepackte Maultaschen ein intaktes Arbeitsverhältnis derart belasten können, um eine fristlose Trennung zu begründen. Mit anderen Worten: Für den Rauswurf muss es ganz andere Gründe geben. Diese mögen in der Sache schwerwiegend sein, im Prozess durften sie keine Rolle spielen. So bleibt es dabei: Nicht nur bei der Kündigung, auch beim bestätigenden Urteil des Gerichts fehlt jede Verhältnismäßigkeit.
Originaltext: Westfalen-Blatt Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2
Pressekontakt: Westfalen-Blatt Nachrichtenleiter Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
231466
weitere Artikel:
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld9 zur Sarrazin-Affäre Bielefeld (ots) - In der Affäre um Thilo Sarrazin geht es längst nicht mehr nur um abfällige Äußerungen über Ausländer. Der Bundesbank-Präsident Axel Weber, der als unbestrittener Fachmann gilt, muss sich im Vorstand mit immer mehr Nichtfachleuten herumschlagen. Das hat die Politik zu verantworten, denn die Besetzung der Vorstandsposten wird vom Bundesrat bestimmt. So konnte sich der Bundesbankchef nicht gegen die Berufung Sarrazins in den Vorstand wehren, den er wegen dessen bisweilen provokanten Auftretens abgelehnt hatte. Doch das mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Spanien / Abtreibung Osnabrück (ots) - Verantwortung zeigen Heißer könnte das Eisen, an das sich José Luis Rodríguez Zapatero und seine Regierung gewagt haben, wirklich nicht sein. Der Vorstoß der Sozialisten trifft zu Recht auf Widerstand - aber er ist nicht in seiner Gesamtheit zu verurteilen. Falsch an dem Entwurf ist, jugendlichen Schwangeren die Entscheidung über eine Abtreibung allein zu überlassen. Dies würde die Mädchen schlicht überfordern. Zudem würde es der Verantwortung, die mit einer so schweren Entscheidung einhergeht, nicht gerecht. Richtig mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Unternehmen / Deutsche Bahn / Alkoholverbot Osnabrück (ots) - Was erlaubt der Wirt? Nur wenig ist nerviger, als im Zug neben Betrunkenen zu sitzen. Die Reise wird zu einer unangenehmen Geduldsprobe - und damit ist man manchmal noch gut bedient. Denn offenbar ist es auf einigen Strecken keine Seltenheit, dass alkoholisierte Fahrgäste randalieren und Mitreisende bedrohen. Jeder Wirt würde solche Gäste vor die Tür setzen. Das will natürlich keine Bahngesellschaft. Sie will Menschen von einem Ort zum anderen bringen. Wenn der Alkoholkonsum nur einiger Fahrgäste dieses Geschäft mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Gesundheit / Schweinegrippe / Bundesregierung Osnabrück (ots) - Anti-Impf-Virus Einiges deutet darauf hin, dass der Schweinegrippevirus harmloser ist als zunächst befürchtet. Doch droht jetzt ein ganz anderer Erreger. Nach den Enthüllungen über die unterschiedlichen Impfstoffe für Normalbürger und Regierende dürfte sich der Anti-Impf-Virus epidemisch ausbreiten. Schon vor dem Skandal waren laut einer Umfrage 39 Prozent der Bundesbürger nicht bereit, sich impfen zu lassen. Jeder Vierte war unentschlossen. Die Tatsache, dass Bundesregierung, Ministerialbeamte und Mitarbeiter mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Atom / Energie / Proteste Osnabrück (ots) - Angst vor Protesten Mahnwachen, Menschenketten, Sitzblockaden und weitere Aktionen haben die Atomkraftgegner angekündigt. Die schwarz-gelben Bündnispartner reagieren darauf so defensiv, als fürchteten sie eine noch gigantischere Protestwelle. Hohe Sicherheitsstandards und das Abschöpfen der Gewinne von Stromkonzernen stellen Union und FDP nun in den Mittelpunkt. Den Bau neuer Atomkraftwerke forderten noch im Februar einzelne Politiker, doch das ist Schnee von gestern. Heute will Schwarz-Gelb nicht einmal Jahreszahlen mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|