Industrieverband VIK: Mit Polemik gegen Wind und Sonne zurück in die achtziger Jahre
Geschrieben am 04-11-2009 |
Berlin (ots) - Deutsche Umwelthilfe weist Behauptung von hohen Belastungen durch erneuerbare Energien als interessengeleitet zurück - Entlastende Effekte durch Zubau Erneuerbarer Energien werden ignoriert - Energieintensive Unternehmen profitieren von Wind, Wasser und Sonne
Als Versuch, die Bundesrepublik energiewirtschaftlich zurück in die achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts zu katapultieren, hat die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) den heutigen Frontalangriff des Verbands der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) gegen das Erneuerbare Energien Gesetz zurückgewiesen. Der VIK polemisiere gegen ein Gesetz, das weltweit in dutzenden Ländern kopiert werde und gegen eine Schlüsseltechnologie, die überall auf der Welt als größte Hoffnung im Kampf gegen den Klimawandel gilt. Die jahrelange klimapolitische Debatte, sei an großen Teilen der deutschen Industrie offenbar vollkommen spurlos vorübergegangen, erklärte die Leiterin Klimaschutz und Energiewende der DUH, Cornelia Ziehm. "Es ist erschreckend, wie sehr führenden Industrieverbänden in Deutschland jedes Gefühl dafür abgeht, was die Zukunft ist und was die Vergangenheit."
Der aufgrund der Regelungen des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) kräftig wachsende Anteil von Strom aus Wind, Sonne, Wasser und Bioenergie führe auch in Zukunft keineswegs zu unkalkulierbaren Mehrkosten für private Haushalte und Industrie. Der VIK nehme die von den Netzbetreibern vor zwei Wochen veröffentlichte Prognose der EEG-Umlage für 2010 zum Anlass für "unhaltbare Rechenspielchen". Den steigenden Kosten für die EEG-Umlage stünden in Wirklichkeit Entlastungseffekte in vergleichbarer Größenordnung gegenüber. "Wer die steigenden Belastungen beklagt und die Entlastungen verschweigt, sagt nur die halbe Wahrheit", sagte Ziehm.
Zwar wachsen die Vergütungen insgesamt wegen der von allen Parteien und einer großen Mehrheit der Bundesbürger politisch gewünschten dynamischen Zunahme von Strom aus erneuerbaren Energien. Die prognostizierte erhebliche Steigerung der Umlage für 2010 (gegenüber 2008 und gegenüber den Erwartungen für 2009) ist aber zuallererst eine Folge des in der Wirtschaftskrise generell gesunkenen Börsenpreises von Strom. Damit wird auch dem EEG-Strom ein geringerer Wert zugemessen, mithin steigt die Differenz zwischen den gesetzlich festgelegten Vergütungszahlungen und den Vermarktungserlösen an der Börse. Hinzu kommt, dass die EEG-Umlage auf den in der Krise geringeren Stromabsatz aufgeteilt werden muss.
Ziehm beklagte, dass vom VIK "volkswirtschaftlich oder direkt beim Stromkunden Kosten senkende Effekte des Ausbaus der erneuerbaren Energien in Milliardenhöhe immer wieder unterschlagen werden". Dass ausgerechnet der VIK die Kostenbelastungen durch erneuerbare Energien beklage, sei mehr als bezeichnend. Denn maßgeblich sei es dieser Verband gewesen, der für energieintensive Unternehmen, also die eigene Klientel, eine opulente Härtefallregelung im EEG durchgesetzt habe - und der sich dafür auf seinen Internetseiten bis heute ausdrücklich rühmt und mit diesem Erfolg neue Mitglieder wirbt.
Tatsächlich ist der Anteil an der EEG-Umlage für stromintensive Betriebe auf 0,05 Cent pro Kilowattstunde begrenzt. Private Stromkunden und kleine Gewerbetreibende zahlen im Gegenzug entsprechend mehr. Auf der anderen Seite profitieren viele der im VIK organisierten Unternehmen vom so genannten Merit-Order-Effekt. Der führt wegen des Vorrangs wachsender Strommengen aus erneuerbaren Energien an der Leipziger Strombörse insgesamt zu einer Dämpfung des Preises, weil die am teuersten produzierenden konventionellen Kraftwerke nicht mehr oder seltener hochgefahren werden müssen.
Der "Merit-Order-Effekt" belief sich nach wissenschaftlichen Untersuchungen 2006 auf etwa drei bis fünf Milliarden Euro, für 2007 und 2008 ergeben Schätzungen einen Preissenkungseffekt von drei bis etwas mehr als vier Milliarden Euro. Das allein entspricht etwa der Hälfte der für 2010 errechneten Mehrkosten durch erneuerbare Energien von 8,2 Milliarden Euro. Auf 1,2 Milliarden Euro wird sich 2010 der Wert der durch Strom aus Erneuerbaren Energien eingesparten CO2-Zertifikate summieren. Steigen die derzeit niedrigen Preise für die Verschmutzungsrechte an, erhöhe sich dieser Entlastungseffekt durch Strom aus Sonne, Wind, Wasser und Bioenergie entsprechend. Auch volkswirtschaftlich führt der wachsende Anteil der Ökoenergien am Strombedarf zu Nettoersparnissen in Milliardenhöhe, weil weniger Energierohstoffe nach Deutschland importiert werden müssen. Für das Jahr 2008 wurden die Importersparnisse im Stromsektor auf 2,7 Milliarden geschätzt.
Der mit Abstand größte Nutzen des Einsatzes von erneuerbaren Energien ergebe sich jedoch aus den wegen der CO2-Einsparung vermiedenen Schäden durch den Klimawandel. Diese liegen nach wissenschaftlichen Abschätzungen mit 70 Euro pro Tonne CO2 fünfmal höher als die Preise, die derzeit für CO2-Emissionszertifikate bezahlt werden müssen. Diese so genannten vermiedenen externen Kosten steigen im Jahr 2010 voraussichtlich auf rund sechs Milliarden Euro, wobei die Schäden durch andere Schadstoffe der konventionellen Stromerzeugung wie Schwermetalle, Stickoxide oder Feinstaub noch nicht berücksichtigt seien.
Die Wortmeldung des VIK, in dessen Vorstand unter anderem der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Steinkohleverbandes sitzt, entspreche exakt den Erwartungen, sagte Gerd Rosenkranz, Leiter Politik&Presse der DUH: "Eine Woche nach der Vereidigung der neuen Bundesregierung startet die energieintensive Industrie mit polemischen Halbwahrheiten ihren Feldzug gegen das wachsende Gewicht und die wachsende Konkurrenz der klimaverträglichen Zukunftstechnologien".
Man sei in der energieintensiven Wirtschaft offenbar enttäuscht, "dass Schwarz-gelb als Wunschkoalition der alten Industrien nicht mit der erhofften Geschwindigkeit zur Rolle Rückwärts hin zu Kohle und Uran ansetzt". Bundeskanzlerin Angela Merkel und der neue Umweltminister Norbert Röttgen müssten den Vertretern einer Energiestrategie, die direkt in die klimapolitische Sackgasse führt, nun eine klare Absage erteilen. Rosenkranz: "Einen Monat vor dem Klimagipfel von Kopenhagen muss eine nationale Lebenslüge auf die Tagesordnung: Deutschland kann nicht auf der internationalen Bühne den Vorreiter im Klimaschutz geben und zu Hause Kohleland bleiben. Beides gleichzeitig geht nicht."
Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V. Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2
Pressekontakt: Dr. Cornelia Ziehm, Leiterin Klimaschutz und Energiewende, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin; Mobil: 0160 94182496, Tel.: 030 2400867-0, E-Mail: ziehm@duh.de
Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin; Mobil: 0171 5660577, Tel.: 0302400867-0, E-Mail: rosenkranz@duh.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
234700
weitere Artikel:
- LVZ: Unions-Mittelstand attackiert Steinmeier wegen geplatztem Opel-Verkauf / Bundesregierung soll vorurteilsfrei Hilfe für General Motors prüfen Leipzig (ots) - CDU-Mittelstandsexperte Michael Fuchs hat den Einfluss des früheren SPD-Vizekanzlers in der großen Koalition, Frank-Walter Steinmeier, dafür verantwortlich gemacht, dass sich der Staat bei dem nun geplatzten Opel-Verkauf auf die falsche Seite und damit gegen die marktwirtschaftliche Entwicklung gestellt hat. In einem Interview mit der ?Leipziger Volkszeitung? (Donnerstag-Ausgabe) forderte der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand in der Unions-Bundestagsfraktion zugleich die jetzige schwarz-gelbe Koalition zu einer mehr...
- Gregor Gysi: Bundesregierung hat bei Opel auf ganzer Linie versagt Berlin (ots) - "Die Bundesregierung hat bei Opel auf ganzer Linie versagt", kritisiert der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Gregor Gysi, nach der Entscheidung des Mutterkonzerns General Motors, den angeschlagenen Autobauer nicht zu verkaufen. "Während die Kanzlerin vom US-Kongress beklatscht wird, zieht sie der staatseigene GM-Konzern am Nasenring durch die Manege. Wie viel ist eine solche transatlantische Partnerschaft eigentlich wert, wenn sie ausgerechnet beim Kampf um die Erhaltung von Arbeitsplätzen scheitert." Gysi weiter: mehr...
- Tierärzteverband entsetzt über Entscheidung zur Aufhebung der Blauzungenimpfpflicht Frankfurt am Main (ots) - Entgegen allen fachlichen Empfehlungen haben sich Ende vergangener Woche mehrheitlich zehn Bundesländer für die Abschaffung der flächendeckenden Pflichtimpfung gegen die Blauzungenerkrankung Serotyp 8 bei Rindern, Schafen und Ziegen im Jahr 2010 ausgesprochen. Ein entsprechender Antrag wurde dem Bundesrat bereits vorgelegt. "Offensichtlich haben es die laut schreienden Impfverweigerer aus dem Süden der Republik geschafft, dass politische Erwägungen die fachlichen Tatsachen bei der Tierseuchenbekämpfung in mehr...
- Pfeiffer: Solarförderung - Erstickungsgefahr trotz atmenden Deckels Berlin (ots) - Zu den von der Bundesnetzagentur veröffentlichten Vergütungssätzen für Photovoltaikanlagen für das Jahr 2010 erklärt der Koordinator für Energiefragen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Joachim Pfeiffer MdB: Der auf Initiative der Union im EEG verankerte so genannte "atmende Deckel" bei der Photovoltaik zeigt Wirkung. Zusätzlich hat sich das Anlagenregister bewährt. Die dadurch gewährleistete Transparenz zeigt, dass der Zubau den Schwellenwert von 1500 MW mit über 2300 MW deutlich überschritten hat. Daher wird die Vergütung mehr...
- 5. Jahreszeit/Karneval 2009/2010/ Malteser begrüßen Vorstoß der Stadt Köln zu Verbot von Glasflaschen und Dosen Köln (ots) - Die Malteser begrüßen ausdrücklich den Vorstoß der Stadt Köln, ein Verbot von Glasflaschen und Dosen an Karneval zu verhängen. An Weiberfastnacht (11. Februar 2010) soll es erstmals in Kraft treten und die Verletzungsgefahr einschränken. Eine positive Bilanz mit einem solchen Verbot zogen die Malteser bereits bei der Love-Parade 2008 in Dortmund: 90 Prozent weniger Schnittverletzungen als im Vorjahr in Essen. Zudem sei beim Karneval in Köln ein Verkaufsverbot von harten Alkoholika geplant. Auch dieses Verbot befürworten die mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|