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Berliner Morgenpost: Schindluder auf dem Rücken der Opelaner - Leitartikel

Geschrieben am 04-11-2009

Berlin (ots) - Das ist übles Schindluder, was in diesen Tagen, den
vergangenen Monaten, dem letzten Jahr auf Kosten der
Opel-Beschäftigten betrieben wurde und betrieben wird. Und zwar von
allen Seiten. Vom Eigentümer GM, von der deutschen Politik, den
Bundes- und Landesregierungen, den eigenen Betriebsräten. Zuletzt
gab's auch noch einen Tritt von der Regierung des sonst so smarten
US-Präsidenten Obama, der - quasi nebenbei - auch noch die gerade im
Kongress gefeierte Kanzlerin auf die Knochen blamierte. Sorry, Angie.
Sie alle sollten wissen, dass man so nicht umgehen darf mit Menschen,
deren Existenz, deren Leben, deren Familien ja an jenen
Arbeitsplätzen hängen, um die geschachert wird auf Teufel komm raus.
Anstand, Verantwortung gegenüber Mitarbeitern, Bürgern, Mitgliedern
geht anders.
Die deutsche Politik hat - besonders gerne vor Wahlen - wiederholt
den Eindruck erweckt, vorsätzlich und mit allem Getrommel, dass Opel
gerettet sei. Dabei hätte die Kanzlerin genau wie der ehemalige
Außenminister und diverse Ministerpräsidenten wissen müssen, dass
Verkaufsverhandlungen immer erst dann abgeschlossen sind, wenn alle
nötigen Unterschriften geleistet sind. Jedes vorzeitige Siegesgeheul
schadet in so einem komplexen Prozess. Und es hat Hoffnungen geweckt,
die Merkel, Steinmeier, Rüttgers, auch Brüderle nicht einlösen
können, jedenfalls nicht aus eigener Kraft. Dazu brauchten sie GM.
Und GM war ein unsicherer Kantonist, der ausschließlich im eigenen
Interesse und damit dem seiner Mitarbeiter entscheiden muss. Es gab
nicht wenige Experten und Mahner, die schon vor Monaten vorhergesagt
haben, dass GM am Ende nicht unterschreiben wird, weil Opel ein für
das globale Geschäft des US-Konzerns fast unersetzlicher Baustein
sei.
Mehr noch: Angesichts einschlägiger Erfahrungen mit der ziemlich
konsequenten Anwendung des Wettbewerbsrechts durch die EU hätte es
den deutschen Politikern und den sie anfeuernden Gewerkschaften klar
sein müssen, dass eine ausschließlich an den Käufer Magna gebundene
Subventionszusage in Brüssel keinen Bestand haben kann. Mit freier
Wirtschaft hätte das ja auch nicht mehr viel zu tun. Im Prinzip, und
darauf dürfte GM im weiteren Verlauf setzen, muss für den alten
Opel-Inhaber, also GM, jetzt derselbe staatliche Rahmen gelten wie
für einen potenziellen neuen, Magna.
Andererseits: Ob GM, dieser einstige Vorzeigekonzern, die Bedingungen
der EU für mögliche Subventionen, nämlich die Vorlage eines
überzeugenden Geschäftsplans, erfüllen kann, ist sehr fraglich.
Überzeugung fordert Vertrauen. Das aber hat das Unternehmen mit
seiner miserablen Geschäftspolitik der vergangenen Jahre und dem
unkalkulierbaren Agieren der vergangenen Monate eigentlich verspielt.
Bei aller Empörung, aller ersten Wut: Drohgebärden, hier wie dort,
sind völlig fehl am Platz. Es ist im Gegenteil die Pflicht der
Beteiligten, Verlierer allesamt, sich erneut an einen Tisch zu setzen
und doch noch eine auf Dauer tragfähige Lösung zu finden. Das, nichts
anderes, sind sie den Opelanern schuldig.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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