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Börsen-Zeitung: Zocken statt absichern, Kommentar zum Goldpreis von Dieter Kuckelkorn

Geschrieben am 20-11-2009

Frankfurt (ots) - Eigentlich müsste man das Umfeld der
Kapitalmärkte als blendend ansehen. Die weltweite Finanzkrise ist
dank der massiven Hilfsmaßnahmen der Staaten überstanden. Die
Weltwirtschaft hat die Rezession hinter sich gelassen, und die
Zeichen stehen auf weiteres Wachstum. Gleichwohl haben die
Notenbanken noch keine Anstalten gemacht, zu einer restriktiveren
Geldpolitik zurückzukehren. Die Aktienmärkte rund um den Globus
feiern dies seit dem Frühjahr mit einer enormen Hausse, die - folgt
man der Einschätzung der meisten Aktienstrategen - in eine
Jahresendrally münden dürfte. Alles eitel Sonnenschein, sollte man
meinen.

Eine große Gruppe von Anlegern scheint die Lage jedoch ganz anders
einzuschätzen: Sie flieht in Gold. Die Nachfrage nach dem Edelmetall
ist sprunghaft gestiegen, erst vor wenigen Tagen hat der Goldpreis
mit 1152,75 Dollar je Feinunze ein Allzeithoch markiert. Die meisten
Rohstoffexperten sind sich sicher, dass die Rally noch lange nicht
vorüber ist. So sagt etwa der bekannte Investor Jim Rogers voraus,
dass sich der Preis des Edelmetalls binnen zehn Jahren verdoppeln
wird.

Folgt man traditionellen Erklärungsmustern, müssten Investoren in
das Edelmetall ausweichen, weil es als sicherer Hafen in Zeiten von
Krise, Inflation und des Verfalls des Außenwerts des US-Dollar gilt.
Diese Ansätze erklären den aktuellen Goldrausch der Anleger jedoch
nur sehr unzureichend.

Negative Korrelation

Auffällig ist, dass der Zeitpunkt des neuen Höhenflugs des Goldes
mit einer Schwächeperiode des Dollar korrespondiert. Der Greenback
befindet sich momentan gegenüber einem Korb der wichtigsten sechs
Partnerwährungen auf dem niedrigsten Stand seit mehr als einem Jahr.
Der Goldpreis weist zwar traditionell eine hohe negative Korrelation
mit der US-Währung auf, was vor allem daran liegt, dass die
Produzenten traditionell in Dollar abrechnen. Allerdings fällt auf,
dass die Korrelation aktuell gar nicht so hoch ist, wie sie es sein
müsste, wenn der Dollarkursverfall der wesentliche Treiber der Hausse
wäre. So ist der Kurs des Euro inzwischen auf den Stand per Anfang
Oktober zurückgefallen. Alle Versuche der Gemeinschaftswährung,
nachhaltig über die Marke von 1,50 Dollar vorzudringen, sind bislang
gescheitert. Gold hat sich jedoch davon unbeeindruckt weiter
verteuert.

Skepsis ist auch angebracht hinsichtlich der Argumentation, dass
Inflationsängste ein wesentlicher Faktor der Edelmetallhausse sind.
So ist die Geldentwertung momentan in allen bedeutenden Weltregionen
extrem niedrig, mit Japan ist jetzt sogar eine der wichtigsten
Volkswirtschaften wieder in die Deflation gerutscht. Was den
mittelfristigen Ausblick betrifft, scheinen wegen der Perspektive der
Normalisierung der Geldpolitik durch die Notenbanken
Deflationsszenarien realistischer zu sein. Erst auf längere Sicht
könnte es zu einer akzelerierten Geldentwertung kommen. Es ist aber
zu bezweifeln, dass sich die Mehrzahl der Goldinvestoren langfristig
in dem Edelmetall engagieren will.

Mittel zur Werterhaltung

Auch als klassisches Mittel zur Werterhaltung im Krisen- und
Katastrophenfall dient Gold derzeit überwiegend nicht. Rund um den
Globus haussierende Aktienkurse, engere Spreads auf den
Credit-Märkten und deutlich erholte Preisniveaus bei Öl und anderen
Rohstoffen signalisieren nämlich, dass der Optimismus und die
Risikobereitschaft der Anleger steigen.

Gold wird derzeit von institutionellen und privaten Investoren
also vorwiegend zu spekulativen Zwecken gekauft, in der Hoffnung,
dass der Preis noch kräftig weiter steigt. Auf dieses Motiv deuten
auch die Daten der amerikanischen Terminbörsenaufsicht Commodities
Futures Trading Commission (CFTC) hin, die von sehr umfangreichen
Engagements spekulativer Adressen künden. Getragen wird die Nachfrage
zudem durch die nach wie vor überbordende Liquidität auf den
Finanzmärkten.

Die Hausse bei Gold und den anderen Edelmetallen wird sich
voraussichtlich noch eine Weile fortsetzen. Ihr Ende ist aber bereits
absehbar: Sobald die Notenbanken ernsthaft damit beginnen, die
Überschussliquidität einzusammeln und die Leitzinsen anzuheben, wird
die Party vorüber sein.

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Claus Döring
Telefon: 069--2732-0
doering@boersen-zeitung.com


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