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Lausitzer Rundschau: Die Stasi-Diskussion in Brandenburg / Vergessen statt versöhnen

Geschrieben am 01-12-2009

Cottbus (ots) - Am Dienstag sagte einer im Brandenburger Landtag
all die Sätze, die wir von denen kennen, die einst von Kollegen oder
gar Freunden an die Stasi verraten wurden. Dies sei "schmerzlich",
und er sei "getäuscht" worden. Er habe sich "schon mal besser
gefühlt". Am Dienstag konnte Regierungschef Matthias Platzeck, der so
sprach, vielleicht für einen Moment ganz gut nachvollziehen, wie den
vielen Tausenden im Lande zumute sein muss, die ihrerseits und oft
mit schwerwiegenden Folgen von Spitzeln hintergangen wurden. Da ist
er jetzt tatsächlich auch ein Stasi-Opfer. Vom Versöhnen war bei ihm
im Blick auf die neuen Stasi-Kollegen nicht die Rede. Platzeck ist am
Ende einer Wegstrecke angelangt, die mit seiner Bereitschaft begann,
die für jedermann erkennbaren Ungereimtheiten in der Stasi-Sache
seines Amtsvorgängers Manfred Stolpe zu übersehen. Die Fähigkeit, im
rechten Moment wegschauen zu können, hat seiner Karriere gut getan.
Jetzt aber holt ihn diese machtbewusste Vergesslichkeit ein.
Er hat sich einem Partner anvertraut, der noch nicht mit sich ins
Reine gekommen ist, und steht deswegen vor einem politischen Abgrund.
Er kann nur noch hoffen, dass bald Schluss sein wird mit immer neuen
Enthüllungen. Für einen Regierungschef ist dies nichts anderes als
eine Bankrotterklärung. Sie wirft darüber hinaus die Frage auf,
inwieweit das rot-rote Bündnis überhaupt handlungsfähig ist.
Was die Linke nun tatsächlich gelernt hat vom Untergang der
SED-Herrschaft, ist nur eine von vielen offenen Fragen. Vor allem
aber muss man sich fragen, ob die seit 20 Jahren herrschaftsverwöhnte
Sozialdemokratie noch zu einer realistischen Einschätzung der
Wirklichkeit in der Lage ist. Wenn sie die Risiken nicht erkennen
konnte, die in dem Bündnis mit der weitestgehend aus früheren
SED-Kadern bestehenden Linken schlummerten, liegt der Verdacht nahe,
dass Wunschdenken auch andernorts die Erkenntnis trübt. Versöhnen war
eine vernebelnde Parole, Vergessen ein schwerwiegender Fehler -
helfen würde in einer solchen Situation allenfalls noch die demütige
Einsicht, dass ein schonungsloser Umgang mit den eigenen
Versäumnissen notwendig ist. Aber es scheint so, als habe die Truppe
um Matthias Platzeck auch diese Lebensweisheit vergessen.

Originaltext: Lausitzer Rundschau
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/47069
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Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de


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