Berliner Morgenpost: Kuhhandel auf höchster Ebene - Leitartikel
Geschrieben am 07-12-2009 |
Berlin (ots) - Wer seine Kinder auf den krisenfesten Beruf des Volksvertreters vorbereiten will, sollte unbedingt das lustige Ravensburger Kartenspiel "Kuhhandel" unter den Weihnachtsbaum legen. Ziel ist es, dem Gegenspieler mit allerhand Bluffs seine Tiere abzunehmen und andere dafür bezahlen zu lassen. Fairness, Rücksicht und Ehrlichkeit sind dabei eher hinderliche Charakterzüge; Tricksen und Täuschen dagegen unerlässlich, gern mit einem triumphierenden Lächeln gewürzt. Der Kuhhandel, im Politiker-Deutsch auch als "tragbarer Kompromiss" bekannt, gehört zu den wichtigsten Aufgaben von Ministerpräsidenten und Bundesfinanzminister am Jahresende. Gemeinsam wird gern bis weit nach Mitternacht jenes Geld verspielt, das die Deutschen beim Weihnachtsshopping vorsichtshalber nicht ausgegeben haben. Gerade in Wahljahren tobt der Kuhhandel besonders wüst. Denn da müssen auch noch im Wahlkampf oder Koalitionsvertrag leichtfertig gegebene Versprechen zumindest scheinbar erfüllt werden. Besonders heikel wird die Runde, wenn im größten und wichtigsten aller Bundesländer, Nordrhein-Westfalen, im nächsten Frühling gewählt wird. In den kommenden zwei Wochen erlebt die Republik demnach eine Kuhhandelsrunde der Extraklasse. Zum großen Finale kommt es bei der letzten Sitzung des Bundesrats am 18.Dezember. Rotäugig, aber glücklich werden die Akteure vor die Kameras taumeln, auch wenn keiner von ihnen gewonnen hat, schon gar nicht der Bürger. Akribisch hat die FDP das Spiel vorbereitet, mit dem monotonen Ruf nach Steuersenkung. Elegant auch der Auftakt von CSU-Chef Horst Seehofer, der den sinnfreien Mehrwertsteuererlass für Hotels durchsetzte. Damit war die Spiellaune der restlichen Ministerpräsidenten geweckt, die sich parteiübergreifend in einem Punkt einig sind: Bayern kriegen nichts geschenkt, also Zustimmung verweigern. Endlich bewährte sich mal die Taktik von Schleswig-Holsteins Chef Peter Harry Carstensen, durch Nichtstun Profil zu gewinnen. Hektisch arbeitet die Regierung seither an einer weiteren haushälterischen Niederlage. Die Beteuerung, man werde keine Landesfürsten aus der Ablehnerfront herauskaufen, verheißt exakt das Gegenteil. Milliarden für alle für Bildung und für Sachsens Tillich Extrahilfe bei den Wohnungskosten von Hartz IV. Ein paar Kilometer Umgehungsstraßen werden sich sicher auch noch finden lassen. Alles prima also, wäre das Problem mit den Steuersenkungen nicht. Denn die zusätzlichen Milliarden werden kaum vom neuen fünf Millionen teuren Kreditmediator besorgt. Stattdessen werden 2010 die Kitagebühren, Parkvignetten und Eintrittsgelder erhöht oder Schwimmbäder gleich geschlossen. Wem tatsächlich mehr Geld bleibt, der spart - das zeigen alle Studien. Seit dem Wahlmonat September gibt es das lustige Kartenspiel übrigens in der Masterversion, noch fieser und trickreicher. Hoffentlich hatten unsere Volksvertreter noch keine Zeit zum Üben.
Originaltext: Berliner Morgenpost Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2
Pressekontakt: Berliner Morgenpost Chef vom Dienst Telefon: 030/2591-73650 bmcvd@axelspringer.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
241139
weitere Artikel:
- Kölner Stadt-Anzeiger: ACHTUNG SPERRFRIST Dienstagmorgen 01.00 Uhr!!! Sachsen besteht auf Ausgleich vom Bund für Steuerausfälle - Mehrwertsteuer neu aufteilen Köln (ots) - Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) hat in der CDU-Präsidiumssitzung am Montag auf einem finanziellen Ausgleich des Bundes für die durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz eintretenden Verluste bestanden. Das berichtet der "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstag-Ausgabe) unter Berufung auf Teilnehmerkreise. Er erklärte demzufolge, wenn Schleswig-Holstein einen finanziellen Ausgleich bekomme, dann müsse Gleiches für sein Land gelten. Aus Tillichs Umfeld verlautet der Zeitung zufolge: "Das wird nur mit einer Neuaufteilung mehr...
- Kölner Stadt-Anzeiger: ACHTUNG SPERRFRIST Dienstagmorgen 01.00 Uhr!!! Afghanischer Ex-Minister: Entschädigungen sind "das Richtige" Köln (ots) - Der langjährige afghanische Wiederaufbauminister Amin Farhang hat die Ankündigung der Bundesregierung, die Angehörigen der zivilen Opfer des Luftangriffs bei Kundus zu entschädigen, begrüßt. "Die deutsche Regierung tut das Richtige", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstag-Ausgabe). "Eine angemessene Entschädigung wäre eine gute Entscheidung. Sie wird das Verhältnis zwischen Deutschland und Afghanistan wieder verbessern. Es war durch den Luftangriff etwas getrübt." Farhang verwies darauf, dass die betroffenen Familie mehr...
- Lausitzer Rundschau: Auf beiden Augen blind Berliner Senator vergleicht linke Gewalt mit Faschismus Cottbus (ots) - Markige Sprüche von Berliner Politikern sind keine Seltenheit. Früher war Ex-Finanzsenator Thilo Sarrazin dafür zuständig, jetzt versucht sich Innensenator Ehrhart Körting in Politprovokation. Der SPD-Politiker zitierte seinen früheren Vorsitzenden Kurt Schumacher (1895 - 1952), der Kommunisten "rotlackierte Faschisten" genannt hatte. Dies Aussage ist deshalb brisant, weil Körting mit "Teile der linksextremen Szene" indirekt den eigenen Koalitionspartner Linkspartei angriff. Der warf er angesichts der Welle von Brandanschlägen mehr...
- Lausitzer Rundschau: Sieg der Beharrlichkeit Evo Morales bleibt Boliviens Präsident Cottbus (ots) - Es ist erst ein gutes Jahr her, da stand Boliviens Präsident Evo Morales mit einem Bein am politischen Abgrund. Die abtrünnigen und mehrheitlich weißen Provinzen im Tiefland, da wo das wirtschaftliche Herz Boliviens schlägt, hatten den Linkspräsidenten mit Streiks, Protesten und Gewalt stürzen wollen. Ein Jahr später ist von der tiefen Spaltung zwischen armem Westen und reichem Osten, zwischen Hochland und Tiefland kaum noch was zu spüren. Morales hat bei der Präsidentenwahl am Sonntag in den rebellischen Provinzen mehr mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Steuern Osnabrück (ots) - Über den Kopf gewachsen Hier die Kanzlerin, dort der Geringverdiener - auf den ersten Blick haben beide wenig gemeinsam. Beim Thema Steuern jedoch geht es der Regierungschefin nicht anders als dem einfachen Bürger. Das Regelungsdickicht ist den Deutschen längst über den Kopf gewachsen. Daher kommen die Berichte über massenhaft fehlerhafte Steuererklärungen von Rentnern, Mehrbelastungen von Beziehern niedriger Einkommen oder sich plötzlich auftuende Haushaltslöcher bei Ländern und Gemeinden nicht zufällig daher. mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|