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stern: Leutheusser-Schnarrenberger kündigt Richtungswechsel in der Innenpolitik an - "Ritual schärferer Gesetze ist durchbrochen"

Geschrieben am 16-12-2009

Hamburg (ots) - Justizministerin Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger sieht in ihrer Ernennung zur
Justizministerin auch einen Richtungswechsel in der Innen- und
Sicherheitspolitik. In der neuen, am Donnerstag erscheinenden Ausgabe
des Hamburger Magazins stern sagt die Ministerin: "Ich sehe mein Amt
auch als eine Herausforderung, der Erosion von Grundrechten durch
immer neue sogenannte Sicherheitsgesetze entgegenzutreten." Ihre Wahl
erfülle "viele mit Hoffnung", dass "wir nun die Chance haben, die
Bürgerrechte zu stärken". Die FDP-Politikerin, die derzeit vor dem
Bundesverfassungsgericht gegen die Massenspeicherung von
Telekom-Daten und damit quasi gegen sich selbst und ihre Regierung
klagt, versteht, "dass es Bürger stören kann, wenn ihr
Kommunikationsverhalten im Internet oder am Telefon, rein
vorsorglich, ohne Anlass gespeichert wird".

In dem Interview kündigte die Ministerin eine Trendwende an: "Es
wird mit diesen Verschärfungen nicht so weitergehen. Es herrscht nun
ein anderer Geist...Das Ritual, dass immer schärfere Gesetze kommen
werden, ist durchbrochen." Nach den Anschlägen vom September 2001 sei
"die Politik von einer Schockstarre erfasst worden", danach habe der
Staat "sehr viele Kontroll- und Überwachungsmechanismen" geschaffen.
Aber, so die Justizministerin im Interview mit dem Magazin, "dieser
Politik, die immer mehr will, immer mehr begehrt, der kann man
entgegenhalten". Sie möchte vermitteln: "Jawohl, wir können an den
Sicherheitsgesetzen Korrekturen vornehmen."

Ende November stimmten die EU-Staaten dem umstrittene Abkommen mit
den USA zum Austausch von Bankdaten zu. Das Swift-Abkommen erlaubt
den USA den Zugriff auf die Daten aller Bankkunden in Europa. Dass
sich die europäischen Innenminister mit dem Swift-Abkommen
durchgesetzt haben, findet die Justizministerin "bedauerlich", sagt
aber im stern: "Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen: Ich
will keine gläserne Bankkunden."

Noch ein Anliegen ist der Justizministerin besonders wichtig: der
Datenschutz für Arbeitnehmer. Dass viele Firmen und Betriebe bei
Bewerbungen routinemäßig Bluttests vornehmen, darüber denkt die
"Bürgerin" Leutheusser-Schnarrenberger: "Das kann man doch nicht so
pauschal verlangen!" Als Politikerin sähe sie "den Auftrag, dass da
Dinge, die sich in einer Grauzone bewegen, auf eine sichere
Rechtsgrundlage gestellt werden, dass die Arbeitgeber nicht so
pauschal vorgehen dürfen". Die Liberale kündigte im stern an: "Es
wird keine Erlaubnis für flächendeckende Blut- und Urintests geben.
Der Trend wird gestoppt werden, nachdem Arbeitgeber möglichst viel
von ihren Angestellten wissen wollen".

In dem stern-Gespräch geht die 58-Jährige auch auf ihren Rücktritt
1995 als Justizministerin im Kabinett Kohl ein. Damals gab sie ihr
Amt auf, weil sie den Lauschangriff nicht mittragen konnte.
"Alternativlos und konsequent" sei dieser Schritt gewesen. Sie sei
eben "schon eine, die zu ihren Überzeugungen steht und deswegen auch
in Auseinandersetzungen ziehen kann": "Ich bin eine Löwin. Ich bin
kämpferisch. Ich habe einen klaren Kompass. Ich kann nicht heute
Justiz- und morgen Landwirtschaftsministerin sein."

Originaltext: Gruner+Jahr, stern
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6329
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6329.rss2

Pressekontakt:
stern-Autor
Arno Luik
Telefon 040-3703-3665

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