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Berliner Morgenpost: Es geht um mehr als den Luftschlag von Kundus - Leitartikel

Geschrieben am 16-12-2009

Berlin (ots) - Während deutsche Soldaten im nördlichen Afghanistan
von Taliban- Kämpfern in heftige Gefechte verwickelt waren und dabei
ein Bundeswehrangehöriger schwer verwundet wurde, konstituierte sich
im fernen friedlichen Berlin der lang erwartete
Untersuchungsausschuss. Auftrag: erstens Aufklärung aller Umstände
des Luftangriffs von Kundus und zweitens, welche Rolle fällt den
damals und heute verantwortlichen Politikern und Militärs bei der
insgesamt desaströsen Kommunikation nach innen wie nach außen über
den Luftschlag zu? Es wird höchste Zeit, dass der Ausschuss mit der
Arbeit beginnt. Die ganze Wahrheit muss endlich auf den Tisch.
Was in den vergangenen Wochen durch Indiskretionen, Bruch von
Dienstgeheimnissen, Durchstechereien oder schlichten Behauptungen
nach jeweiliger Interessenlage zu dem bislang folgenschwersten
Militärschlag unter deutscher Verantwortung nach dem Zweiten
Weltkrieg in die Öffentlichkeit transportiert wurde, hat die ganze
Brisanz des Militärschlags erst ans Tageslicht gefördert. Zur
sachlichen Aufklärung hat das alles allerdings bislang wenig
beigetragen. Letztere ist für die politisch Verantwortlichen ebenso
bitter nötig wie für die Soldaten im Einsatz. Natürlich können aus
militärtaktischen wie bündnistreuen Überlegungen nicht alle Details
auf dem offenen Markt ausgebreitet werden. Auch die Taliban hören
stets mit. Aber weder die eigene Regierung noch Parlament und
Öffentlichkeit dürfen vom verantwortlichen Ministerium hinters Licht
geführt. Das raubt die letzte Glaubwürdigkeit für den Kampfeinsatz
der Bundeswehr am Hindukusch, den die große Mehrheit der Deutschen
ohnehin ablehnt.
Aber in den kommenden monatelangen Beratungen des
Untersuchungsausschusses geht es nicht allein um die politische und
höchste militärische Ebene. Sehr genau verfolgen werden die deutschen
Soldaten vor Ort in Afghanistan, was und wie im fernen Berlin am
grünen Tisch im wohl klimatisierten Sitzungssaal über ihre von der
Politik verordnete lebensgefährliche Arbeit gesagt und gestritten
wird. Es geht in diesem Ausschuss auch um sie.
Am Ende der Untersuchungen muss neben der Antwort auf die politische
wie militärische Verantwortung und die Angemessenheit des Luftschlags
eine dritte gefunden werden: Sind die deutschen Soldaten für den
zumindest "kriegsähnlichen" Einsatz in Afghanistan von Auftrag,
Mandat des Parlaments und Ausrüstung her wirklich so gerüstet, dass
sie den Kampf mit den Taliban nicht nur aufnehmen und bestehen
können, sondern dabei eigene Verluste wie die von zivilen Opfern so
gering wie möglich bleiben.
Der Luftangriff von Kundus, der nach heftigem Streit jetzt
hoffentlich ernsthaft untersucht wird, hätte vermieden werden können,
wenn die deutschen Soldaten bessere Aufklärungsmittel in ihrem
Arsenal gehabt hätten. Auf solche Drohnen warten sie bislang
vergeblich. Vor zwei Jahren wurden sie der Bundeswehr angeboten. Das
Geschäft scheiterte an bürokratischen und politischen Widerständen.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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