WAZ: Nicht mehr mit der Lupe - Kommentar von Dietmar Seher
Geschrieben am 17-12-2009 |
Essen (ots) - Als das Grundgesetz vor 60 Jahren den letzten Schliff erhielt, arbeitete die Kripo noch nach bewährter Holmes-Methode: Mit Lupe und einer doppelten Portion Grips.
Erbgut-Analysen, die Beweise auch lange nach Abschluss eines Strafverfahrens liefern können? So etwas kannte man nicht. Die Väter und Mütter der Verfassung bauten vor: Um staatliche Willkür zu verhindern, verboten sie die "ewige Strafverfolgung". Das Rückwirkungsverbot wurde Verfassungsrecht. Aus ihrer Sicht eine gute Vorbeugung nach dem Ende des Unrechtsregimes.
Doch 2009 ist nicht 1949. Keinem Bürger wird heute einleuchten, dass ein Mord nur deshalb ungesühnt bleibt, weil zum Zeitpunkt des Freispruchs des Mörders die entscheidende DNA-Spur nicht verfügbar war.
Wir sollten deshalb ohne Vorbehalte die Grundgesetzänderung angehen, die das Land NRW und auch die Berliner Koalition planen. Verfassung ist nichts Statisches. Sie lebt in der Gegenwart. Nur so bleiben die Regeln, die sich das Gemeinwesen setzt, glaubwürdig. Ein überführter, aber frei herum laufender Mörder untergräbt das Vertrauen in den Rechtsstaat.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
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