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Westdeutsche Zeitung: Bachelor = von Anja Clemens-Smicek

Geschrieben am 12-01-2010

Düsseldorf (ots) - Ob Wilhelm von Humboldt im Jahre 11 nach der
Bologna-Reform sein Ideal von der umfassenden Bildung des Menschen
fernab von reiner "Brotgelehrsamkeit" im heutigen Universitätssystem
noch wiederfinden würde? Wohl nicht. Seit Bachelor und Master den
Großteil der Magister- und Diplomstudiengänge abgelöst haben, ist der
Student nur noch der "Hamster im Laufrad", wie es Bernhard Kempen,
Präsident des Deutschen Hochschulverbandes, einmal treffend auf den
Punkt gebracht hat. Was die europäischen Bildungsminister jahrelang
als die größte Studienreform seit Humboldt gefeiert haben, hat ihren
Namen nicht verdient. Die Bachelor-Studiengänge sind viel zu stark
verschult. Auswendig lernen ist gefragt, wissenschaftliches Denken
bleibt auf der Strecke.
Weil Fakultäten den Stoff von acht Semestern fahrlässig in sechs
gepackt haben, können die Studenten keinen Blick über den Tellerrand
des eigenen Fachs hinaus wagen. Es fehlt ihnen die Zeit für das
(eigentlich gewünschte) Auslandsjahr. Genauso wie ihnen die Zeit
fehlt für Praxiserfahrungen oder einen vielleicht notwendigen
Nebenjob. Das hehre Ziel, mit dem zweistufigen Studiensystem die
Abbrecherquote zu senken, ist ebenfalls nicht verwirklicht worden.
Die Bilanz? Vernichtend!
Rückgängig machen lässt sich der Reformprozess nicht, wohl aber
lassen sich begangene Fehler korrigieren. Nach den Studentenprotesten
haben die Kultusminister den Hochschulen den Auftrag gegeben, den
Bachelor zu entrümpeln. Nun müssen die Fakultäten ihre Hausaufgaben
machen. Dazu gehört, Freiräume für Auslandssemester und Praktika zu
schaffen. Nicht jeder Kurs muss zudem zwingend mit einer Prüfung
enden. Und die Universitäten müssen erbrachte Leistungen gegenseitig
anerkennen, um Studenten den Wechsel der Hochschule zu erleichtern.
Das heißt jedoch nicht, dass sich Bund und Länder entspannt
zurücklehnen können. Denn ohne deutlich mehr finanzielle Mittel - vor
allem für mehr Dozentenstellen - ist die Bologna-Reform zum Scheitern
verurteilt.
Zu guter Letzt sollten sich die Beteiligten an einen Ausspruch von
Friedrich Nietzsche erinnern: "Die Bildung wird täglich geringer,
weil die Hast größer wird." Das kann nicht Sinn einer
Universitätsausbildung sein.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
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Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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