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ots.Audio: Deutschland erlebte 2009 stärkste Rezession der Nachkriegszeit Audio-Beitrag (Dauer 6 min.)

Geschrieben am 13-01-2010

Wiesbaden (ots) -

- Querverweis: Audiomaterial ist unter
http://www.presseportal.de/audio und
http://www.presseportal.de/link/multimedia.mecom.eu abrufbar -

Anmoderation: Das Statistische Bundesamt hat heute die erste
Schätzung für das Bruttoinlandsprodukt 2009 bekannt gegeben. Vor dem
Hintergrund der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise wurden diese
Zahlen mit großer Spannung erwartet. Über die wirtschaftliche
Entwicklung Deutschlands im Jahr 2009 sprechen wir daher mit Roderich
Egeler, dem Präsidenten des Statistischen Bundesamtes.

Frage 1: Herr Egeler, wie hat sich die deutsche Wirtschaft im
abgelaufenen Jahr entwickelt?

O-Ton 26 sec: Deutschland erlebte 2009 die stärkste Rezession
seiner Nachkriegsgeschichte. Nach unserer ersten Schätzung war das
preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt 2009 um 5% niedriger als im Jahr
zuvor. Die Wirtschaft ist hauptsächlich im Winterhalbjahr 2008/2009
eingebrochen - seitdem hat sich aber die Lage auf einem neuen,
niedrigeren Niveau stabilisiert.

Frage 2: Welche Auswirkungen hatte der wirtschaftliche Einbruch
für den Arbeitsmarkt?

O-Ton 18 sec: Bemerkenswert ist, dass die Auswirkungen der Krise
auf dem Arbeitsmarkt kaum spürbar gewesen sind. Die Zahl der
Erwerbstätigen lag 2009 bei 40,2 Millionen und damit auf der Höhe wie
im Jahr 2008 - und das war ein Rekordjahr.

Frage 3: Worauf ist diese günstige Entwicklung zurückzuführen?

O-Ton 17 sec: In Deutschland haben die Unternehmen bisher kaum mit
Entlassungen auf die Krise reagiert. Stattdessen haben sie häufig die
Arbeitszeit reduziert: und zwar durch Kurzarbeit, den Abbau von
Arbeitszeitkonten oder durch tarifvertraglich geregelte Kürzungen der
Arbeitszeit.

Frage 4: Aber unter dem Strich bleibt: Trotz wirtschaftlichem
Einbruch hatten wir 2009 stabile Beschäftigung?

O-Ton 20 sec: Das ist schon richtig. Die Kehrseite der Medaille
ist natürlich, dass die gesamtwirtschaftliche Arbeitsproduktivität
erheblich zurückgegangen ist: Je Erwerbstätigen ist die Produktivität
im Vergleich zu 2008 um 4,9% gesunken. Wenn man das auf die
Arbeitsstunden bezieht, dann waren es immerhin noch 2,2%.

Frage 5: Kommen wir noch mal zurück zur generellen
wirtschaftlichen Situation: Welche Branchen waren besonders von der
Wirtschaftskrise betroffen?

O-Ton 26 sec: Hier ist natürlich eindeutig das Produzierende
Gewerbe zu nennen, das wegen seiner besonderen Exportabhängigkeit
unter dieser Krise stark gelitten hat. Die reale Bruttowertschöpfung
des Produzierenden Gewerbes stürzte 2009 mit einem Minus von fast 17%
regelrecht ab. Auch im Bereich "Handel, Gastgewerbe und Verkehr" ging
die Wirtschaftsleistung deutlich zurück, hier um 5,1%

Frage 6: In früheren Zeiten war der Außenhandel ja häufig der
Konjunkturmotor. Welche Auswirkungen hatte die weltweite
Wirtschaftskrise auf die Exportnation Deutschland?

O-Ton 29 sec: Die Exporte von Waren und Dienstleistungen sind 2009
gegenüber dem Vorjahr drastisch gesunken, preisbereinigt um 14,7%.
Bei den Importen fiel der Rückgang nicht ganz so stark aus, hier lag
er bei 8,9% . Der deutsche Außenhandelüberschusses ging im Vergleich
zum Vorjahr zurück. Alles in allem war der Außenhandel 2009 nicht
Motor - wie wir das gewohnt sind - sondern Bremse der
wirtschaftlichen Entwicklung.

Frage 7: Welche Signale gingen von der Binnennachfrage aus?

O-Ton 25 sec: Da waren die Signale sehr unterschiedlich.
Investiert wurde deutlich weniger als 2008. Vor allem die
Ausrüstungsinvestitionen brachen stark ein - um 20%. Vom Konsum
gingen dagegen positive Impulse aus: Der private Konsum nahm um 0,4%
zu - eine große Rolle spielt hierbei die Abwrackprämie. Der
staatliche Konsum stieg sogar um 2,7%.

Frage 8: Hatte die Krise auch Auswirkungen auf die Einkommen der
Arbeitnehmer?

O-Ton 29 sec: Das ist in der Tat so. Erstmals seit der
Wiedervereinigung sind 2009 die monatlichen Bruttoentgelte je
Arbeitnehmer wieder gesunken, und zwar um 0,4%. Noch stärker gingen
die durchschnittlichen Nettolöhne zurück, nämlich um 0,9%.
Erwähnen möchte ich an dieser Stelle aber positiv, dass die
Verbraucherpreise im Jahresdurchschnitt lediglich um 0,4% gestiegen
sind.

Frage 9: Der Wirtschaftseinbruch und die Konjunkturpakete dürften
ja sicherlich zu einer Erhöhung des staatlichen Finanzierungsdefizits
geführt haben.

O-Ton 26 sec: Ja - Bund, Länder, Gemeinden und
Sozialversicherungen wiesen 2009 zusammen ein Finanzierungsdefizit
von über 77 Milliarden Euro aus. Gemessen am nominalen
Bruttoinlandsprodukt bedeutet das eine Defizitquote von 3,2%.
Deutschland hat damit erstmals seit vier Jahren den Referenzwert des
Maastricht-Vertrages von 3% überschritten.

Frage 10: Und wie schätzen Sie den wirtschaftlichen Einbruch in
Deutschland im internationalen Vergleich ein?

O-Ton 28 sec: Deutschland - als exportabhängige Nation - war mit
einem Minus von 5% im Jahre 2009 besonders stark von der
Wirtschaftskrise betroffen. Damit liegt Deutschland im
internationalen Vergleich eher hinten. Für die 27 Mitgliedstaaten der
EU hat die Europäische Kommission im vergangenen Jahr einen Rückgang
des Bruttoinlandsproduktes von 4,1% prognostiziert - für die USA
immerhin einen Wert von 2,5%.

Frage 11: Herr Egeler, wie beurteilen Sie zusammenfassend die
Entwicklung 2009?

O-Ton 42 sec: Lassen Sie mich drei Punkte herausstreichen:
Erstens: Bemerkenswert ist trotz der Krise die bisherige Stabilität
unseres Arbeitsmarktes. Die Zahl der Erwerbstätigen hat 2009 nur
geringfügig nachgelassen.
Zweitens haben sinkende Einnahmen und steigende Ausgaben des Staates
dazu geführt, dass die Defizitquote erstmals seit vier Jahren den
Referenzwert von 3% wieder überstiegen hat.
Und drittens: Deutschland hat 2009 die mit Abstand stärkste Rezession
seiner Nachkriegszeit erlebt. Aber wir stellen auch fest: In der
zweiten Jahreshälfte hat sich die wirtschaftliche Lage auf neuen,
niedrigeren Niveau stabilisiert.

Abmoderation: Herr Egeler, vielen Dank für das Gespräch.

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Originaltext: Statistisches Bundesamt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/32102
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Statistisches Bundesamt
Telefon: (0611) 75-3444
E-Mail: presse@destatis.de


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