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Westdeutsche Zeitung: Darf der Staat Steuersünder-Dateien von Hehlern kaufen? = von Martin Vogler

Geschrieben am 31-01-2010

Düsseldorf (ots) - So etwas nennen Finanzleute Traumrendite: 2,5
Millionen investieren und 100 oder sogar 200 Millionen Euro
kassieren. Wer da nicht sofort zugreift, muss dumm sein? Oder
besonders klug?
Denn einfach beantworten lässt sich die Frage nicht, ob der Staat die
von Unbekannten angebotenen Steuersünder-Daten aus der Schweiz kaufen
soll. Das Thema ist so brisant, dass Finanzminister Schäuble
vorsichtshalber bestreitet, überhaupt zuständig zu sein, was ihm aber
am Ende nichts nützen wird. Dazu ist die Diskussion bereits viel zu
heiß gelaufen - inklusive drohender Konflikte mit der Schweiz.
Die Befürworter des Deals haben gute Argumente auf ihrer Seite: Der
Staat braucht sehr viel Geld, da würden so ein paar Millionen gut
tun. Das hat schließlich vor zwei Jahren schon mal geklappt. Für fünf
Millionen bekam man damals Informationen über deutsche Steuersünder
in Liechtenstein. Was nicht nur Ex-Post-Chef Zumwinkel zum Verhängnis
wurde, sondern auch anderen, die insgesamt über 100 Millionen Euro
berappen mussten. Der damalige Finanzminister Steinbrück schwärmte
deshalb sogar vom "Geschäft seines Lebens". Außerdem klingt Folgendes
überzeugend: Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Um Sünder
zu ertappen, darf der Staat auch ungewohnte Wege gehen, denn
bekanntlich heiligt ja der Zweck die Mittel.
Es gibt allerdings eine Kehrseite. Der Staat erwirbt schließlich
Hehlerware, fördert also, indem er das Delikt Steuerhinterziehung
bekämpfen will, andere kriminelle Taten. Er belohnt die Täter.
Moralisch gesehen darf er das nicht. Ob das juristisch in Ordnung
geht, ist unklar. Vor allem wächst die Gefahr, dass Nachahmungstäter
auf den Geschmack kommen. Was die Erfahrungen nach dem
Liechtenstein-Deal bereits beweisen.
Unser Staat sollte gut überlegen, ob er sich mit Hoffnung auf
wundersame Geldvermehrung mit Kriminellen gemein macht. Selbst wenn
er solche grundsätzlichen Überlegungen ignoriert und lediglich
nüchternem Renditedenken huldigt: Nur weil die ersten fünf Adressen,
die die Hehler lieferten, angeblich Volltreffer waren und hohe
Nachzahlungen bringen sollen, muss die restliche Ware nicht von
gleicher Qualität sein. Auch unter diesem Aspekt ist das Risiko
extrem hoch.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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