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Was ist heute noch privat, was öffentlich? / BLM und Deutscher Kinderschutzbund laden am Safer Internet Day zur Diskussion über Datenschutz im Web 2.0 ein

Geschrieben am 10-02-2010

München (ots) - "Meins, deins, unser?" Können Jugendliche, die
ständig in sozialen Netzwerken unterwegs sind, überhaupt noch
zwischen Privatheit und Öffentlichkeit unterscheiden? In der Regel
eher nicht, war das ernüchternde Fazit einer Fachtagung anlässlich
des Safer Internet Day, zu dem die Bayerische Landeszentrale für neue
Medien, die Stiftung Medienpädagogik Bayern und der Bayerische
Landesverband des Deutschen Kinderschutzbunds gestern nach München
eingeladen hatten. Wie die jungen Internet-User mit persönlichen
Daten im Web 2.0 umgehen, und wie ihr Bewusstsein für den Datenschutz
geschärft werden kann, zeigten Studienergebnisse und
Erfahrungsberichte aus der Praxis.

Unterstützung statt Verbote oder "Bekehrung zur Internetabstinenz"
hatte BLM-Präsident Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring zum Auftakt der
Veranstaltung vor rund 150 Teilnehmern gefordert. Er appellierte aber
auch an die Verantwortung der Plattformanbieter, die gerade bei
führenden amerikanischen Plattformen wie Facebook nicht zu erkennen
sei. Für den Deutschen Kinderschutzbund erinnerte Ekkehard Mutschler
daran, dass Kinder und Jugendliche noch nicht in der Lage seien, ihr
Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung wahrzunehmen und sich
die Eltern deshalb stärker um das Mediennutzungsverhalten ihrer
Kinder kümmern müssten. Gerade soziale Netzwerke hätten mittlerweile
einen sehr hohen Stellenwert im Medienalltag der jungen Generation,
so Mutschler.

Diese Einschätzung wird durch eine Kooperationsstudie der
Universität Salzburg und des Hans-Bredow-Instituts zur Rolle des
Social Web im Alltag von Jugendlichen und jungen Erwachsenen
bestätigt, deren Ergebnisse Mareike Düssel vorstellte. Die befragten
12- bis 24-Jährigen nutzten das Social Web zu Identitäts-,
Beziehungs- und Informationsmanagement. Die Chancen, die sich durch
die Unterstützung wichtiger Entwicklungsaufgaben ergeben, bergen aber
gleichzeitig Risiken. Die Preisgabe persönlicher Daten zur
Beziehungspflege könnte zum Beispiel problematische
Online-Bekanntschaften oder Cyber-Mobbing nach sich ziehen, indem die
Reichweite, die Nachhaltigkeit der Selbstdarstellung und deren
Dynamik unterschätzt werde. Als Konsequenzen daraus sehen die Autoren
der Studie, die Anbieter noch mehr in die Verantwortung zu nehmen und
die Medienkompetenzförderung zu stärken.

Wie manche Jugendliche heute die Begriffe "privat" und
"öffentlich" deuten, dokumentiert die Aussage einer 16-Jährigen zu
ihren Motiven für die Nutzung sozialer Netzwerke: "Es ist für mich
wichtig, weil ich meine ganzen Privatsachen drinnen hab und alles
machen kann, ohne dass meine Mutter mir beim Telefonieren zuhört."
Das JFF - Institut für Medienpädagogik hat diese Aussage im Rahmen
der Studie "Das Internet als Rezeptions- und Präsentationsplattform
für Jugendliche" erhoben. Welche Anforderungen an die
medienpädagogische Praxis sich aus solchen Erkenntnissen ableiten
lassen, liegt für JFF-Mitarbeiter Niels Brüggen auf der Hand: Man
müsse den Jugendlichen einen "Austausch auf Augenhöhe" ermöglichen,
indem sie darin unterstützt werden, ihre Fragen und Perspektiven
einzubringen, aber auch eigene Positionen zu hinterfragen.

Wer sich im Internet nicht selbst schützt, ist auch nicht anonym,
warnte der bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz Dr.
Thomas Petri. Letztlich hätten Kinder ein Recht darauf, ihre
Identitäten aus dem Web, die sie in ihrer Entwicklungsphase getestet
hätten, in ihrem späteren Leben nicht vorgehalten zu bekommen, so
Petri. Er erinnerte an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur
Volkszählung 1983, wonach jeder Einzelne sich auf das Recht berufen
darf, selbst über die Verwendung seiner Daten zu entscheiden.

Doch ist die Privatheit angesichts des häufig mangelnden
Selbstschutzes der jungen Web 2.0-Nutzer/innen noch zu retten, so die
Frage von Moderatorin Verena Weigand, Leiterin der KJM-Stabsstelle,
auf dem Diskussionspodium. Eine einfache Lösung dazu gebe es nicht
mehr, stellte Walter Staufer von der Bundesprüfstelle für
jugendgefährende Medien (BPjM) fest. "Die Trennung zwischen
Privatheit und Öffentlichkeit geht heute mitten durch den PC",
resümierte der Medienpädagoge in Anspielung auf ein Zitat des
Philosophen Jürgen Habermas.

Der Wert der Privatheit sei durch die Datenskandale jedenfalls
wieder bewusster geworden, betonte Sabine Frank von der Freiwilligen
Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM). In puncto
Anbieterverantwortung würden Selbstverpflichtungen jedoch reichen.
Eine aktive Kontrollpflicht der Anbieter lehne sie ab. Bisher sind
die sozialen Netzwerke sowieso auf Rückmeldungen der Nutzer
angewiesen, um ihre eigenen Regeln (z.B. keine Teilnahmen unter 12
Jahren) durchsetzen zu können. Eine Altersverifikation seitens der
Anbieter gebe es nicht, hatten Sascha Neurohr und Jessika Rose von
SchülerVZ in ihren Erfahrungsberichten bestätigt. Stattdessen setze
SchülerVZ auf Medienkompetenz-Förderung und Aufklärung, wie eine
aktuelle Kampagne zum Datenschutz mit einem Quiz zum "Safer Internet
Day" zeigt.

Wenn die Social Web-Nutzung über die mobilen Endgeräte wie
Smartphones noch steigt, muss wohl aber nicht nur die
Medienkompetenz-Förderung der Jugendlichen und
Erziehungsverantwortlichen noch deutlich verstärkt werden. Es könnten
auch technische Lösungen geschaffen werden, deutete Andreas Poller
vom Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie (SIT) an:
"Wenn die Menschen Privatheit wollen, hat sich die Technik
unterzuordnen."

Diese Informationen finden Sie auch im Internet unter: www.blm.de

Originaltext: BLM Bayerische Landeszentrale für neue Medien
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62483
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62483.rss2

Pressekontakt:
Bettina Pregel, Tel. (089) 63808-318, bettina.pregel@blm.de


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