Neue Westfälische: Neue Westfälische, Bielefeld: KOMMENTAR Debatte um Regelsätze für Hartz IV Kinder total egal MARTIN KRAUSE
Geschrieben am 12-02-2010 |
Bielefeld (ots) - Ursula von der Leyen wird zynisch. Sie fordert mehr Bildung für Kinder von Hartz-IV-Empfängern. Sie sagt, das könne auch mit der Finanzierung eines Ranzens, einer Klassenfahrt oder eines Taschenrechners geschehen - statt mit Geld. Noch unverblümter sagt es FDP-Politiker Martin Lindner: "Ich möchte nicht (...) dass man übers Kinderkriegen Geld verdienen kann." Beide stellen Teile der Bevölkerung unter Generalverdacht - den Verdacht, dass Eltern das für ihre Kinder bestimmte Geld missbrauchen, versaufen und verprassen. Wer so diskriminiert wird, muss stark sein, um nicht wirklich im Suff zu enden. Ministerin von der Leyen ist siebenfache Mami, gewiss kinderlieb, promovierte Ärztin und Spross der Politikerdynastie Albrecht. Diese Elitemutti darf dem armenfeindlichen Lindner zufolge also siebenfaches Kindergeld kassieren, weil sie die finanzielle Hilfe gar nicht nötig hat. Weniger Privilegierte haben Pech: Für Hartz-IV-Empfänger gibt es den mageren Kinder-Regelsatz, sonst nichts. Eltern haben keine Lobby, und niemand erwartet, dass sich dies ausgerechnet unter der Kanzlerschaft von Angela Merkel und Guido Westerwelle ändert. Hoteliers und Pelztierschützer sind besser organisiert als Eltern, die sich zwischen Wickeltisch und Wartezimmer, Schule und Beruf aufreiben. Eltern hört man nicht, und viele sind tatsächlich sprachlos über die führenden Ignoranten. Wer soll glauben, dass monatlich 215 Euro Regelsatz fürs erste Kind (251 fürs zweite) zum Geldverdienen taugen und nicht zu finanziellen Nöten? Man braucht keine Kinder, um das Herz auf dem rechten Fleck zu haben. Weltfremden Entscheidern aber sei gesagt: Die lieben Kleinen mampfen wie die Scheunendrescher, lassen sich nicht lange mit dem Kinderteller abspeisen. Sie wachsen dann wie Unkraut (Gott sei Dank) und brauchen dauernd neue Schuhe, Jacken, Hosen. Mit den Kleinen wächst ihr Bedarf an Elektronik: kein Handy, kein Nintendo, keine Wii? Das macht Kinder mürrisch. Jeder Teenager braucht zumindest Zugang zum Internet - das ist soziales Muss. Urlaub wird zum Luxus, sobald der Nachwuchs in die Schule geht. Doppelte Reisepreise in der Ferienzeit können viele nicht bezahlen, nur Campen an der Weser. Die billige Vorsaison im Club am Meer gönnen sich Doppelverdiener ohne Kinder. Bildung wird vor allem für Familien mit Migrationshintergrund auch zum Kostenfaktor. Braucht das Kind professionelle Nachhilfe, weil es neben Deutsch und Türkisch oder Serbisch jetzt auch Englisch in der Grundschule lernen soll, wird das Geld noch knapper. Relative Armut und die Pisa-Ergebnisse sind zwei Seiten einer Medaille. Unsere Gesellschaft ist kinderfeindlich, nicht nur unterschwellig. Kinder sind Karrierehemmnisse, stören in feinen Wohngegenden, erfüllen nicht die Erwartungen von Firmen, Kinder nerven. Dr. von der Leyens Elterngeld, darauf ausgerichtet, den Babywunsch von Akademikern anzustacheln, zeigt, dass manche Kinder gewünschter sind als andere. In den Schlafzimmern aber sorgte das Elterngeld für Null Erregung. Wer es sich leisten kann, macht Karriereplanung nicht von ein paar Euro abhängig. Was ist wirklich faul in diesem Staate? Eltern, die den Staat angeblich plündern wollen? Oder stimmt etwas mit den Eliten nicht? Der Verdacht wächst: Den Mächtigen, die sich über sinkende Geburtenraten wundern, sind Kinder eigentlich total egal. Die nicht so gut Gestellten lieben ihre Kinder trotzdem und würden sie nicht hergeben. Für kein Geld der Welt.
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