Neue Westfälische: Neue Westfälische, Bielefeld: KOMMENTAR Kirche und sexueller Missbrauch Zeit für Selbstbesinnung BERNHARD HÄNEL
Geschrieben am 16-02-2010 |
Bielefeld (ots) - Die Diskussion über sexuellen Missbrauch erschüttert die katholische Kirche - nicht nur in Deutschland: Immer mehr Fälle werden bekannt, die Institution mit dem Anspruch auf Alleinseeligkeit steht unter schwerstem Druck. Pädophile im Priestergewand ist kein Problem der Neuzeit, sondern ein seit Jahrhunderten unter den Teppich gekehrtes Problem. Dass es endlich ans Tageslicht dringt, hat vornehmlich etwas zu tun mit der sexuellen Revolution jüngster Jahrzehnte und der dadurch ausgelösten Aufklärung. Auch die katholische Kirche ist davon berührt worden. Als Beispiel dafür steht der Leiter des Berliner Canisius-Kollegs, der schwerste Verfehlungen seiner jesuitischen Mitbrüder öffentlich gemacht hat und den Opfern Hilfe anbot. Und so hebt sich Zentimeter um Zentimeter der Mantel des Schweigens. Schwerste seelische Verstümmelungen werden bekannt, ausgelöst von triebhaften Seelsorgern. Ruchlos wie deren Taten aber war das Schweigen der Kirche. Die Hilflosigkeit der Institution, die Keuschheit von ihren Dienern verlangt und jegliche Verstöße gegen das Zölibat vertuschte, erregt zu recht Zorn und Wut. Wer sich auf höhere Werte beruft, darf nicht so nieder handeln. Glaubwürdigkeitsverlust ist das Schlimmste, was den Bewahrern des Glaubens widerfahren kann. Allein den Zölibat für die Übergriffe verantwortlich zu machen, wäre zu kurz gegriffen. Von einem Priester, der sich für erwachsene Frauen interessiert, sind Übergriffe auf Kinder kaum zu erwarten. Doch die Moral der katholischen Kirche, die zu lustvoll gelebter Sexualität ein äußerst gespaltenes Verhältnis hat, ja ihr engste Grenzen auferlegt, taugt weder zum Begreifen des eigenen Fußvolkes, noch gar der eigenen Diener. So betrachtet hat die Kirche allen Grund zur Selbstbesinnung und neuer Standortsuche ihrer Moral und Ethik.
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