Neue OZ: Kommentar zu Justiz / Bundesgerichte / Richter
Geschrieben am 25-02-2010 |
Osnabrück (ots) - Behutsam statt brachial
Hans-Jürgen Papier ist sich treu geblieben: Wenige Tage vor dem Ende seiner Amtszeit in Karlsruhe hat er nochmals Tacheles geredet. Papier hat sich den Vorwurf der Politik verbeten, die obersten Richter schwängen sich immer öfter zum Ersatzgesetzgeber auf. Diese Tendenz beklagte zuletzt Innenminister Thomas de Maizière - aus Anlass des Hartz-IV-Urteils. Er liegt damit auf der Linie seines Vorgängers Wolfgang Schäuble, der dem Gericht wiederholt die Leviten gelesen hatte. Durch ständige Wiederholung wird die Berliner Kritik freilich nicht richtiger.
Tatsächlich haben sich die Richter nichts vorzuwerfen. Sie haben in sechs Jahrzehnten rund 600 Vorschriften teilweise oder vollständig für nichtig erklärt. In Anbetracht der Klageflut in Karlsruhe eine verschwindend geringe Zahl. Gerade der von de Maizière kritisierte Spruch zu Hartz IV belegt, dass die Richter bei ihren Korrekturen behutsam statt brachial vorgehen. Sie haben nicht in die Kompetenzen des Gesetzgebers eingegriffen. Das Gericht hat kein beziffertes Existenzminimum vorgeschrieben, also nicht einfach die Hartz-Sätze um zehn oder zwanzig Prozent erhöht. Der erste Senat hielt sich damit mehr zurück, als es sich viele Wohlfahrtsverbände gewünscht hätten. Es ist höchste Zeit, dass die Protagonisten in Bund und Ländern vor den eigenen Haustüren kehren: Es sind schlampig gemachte Gesetze, die Karlsruhe immer wieder zum Eingreifen zwingen.
Originaltext: Neue Osnabrücker Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/58964 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_58964.rss2
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