Mindener Tageblatt: Kommentar zu Verkürzung der Wehrpflicht / Einstieg in den Ausstieg
Geschrieben am 17-03-2010 |
Minden (ots) - Von Christoph Pepper Schon der Koalitionsvertrag hatte klar gemacht, dass der Wehrpflicht ein Abschied auf Raten bevorsteht. Die dort beschlossene Verkürzung bedeutete nichts anderes als den Einstieg in den Ausstieg. Den beschleunigt Verteidigungsminister zu Guttenberg jetzt noch einmal beträchtlich, indem er die Verkürzung auf sechs Monate schon auf dieses Jahr vorzieht - dem Vernehmen nach haben seine Beamten die entsprechenden Konzepte fertig. Mit dieser Entscheidung folgt die schwarz-gelbe Koalition zweifellos dem Zeitgeist, der den Wehrdienst schon länger für entbehrlich hält. Richtiger wird sie damit nicht. Eine Berufsarmee mag professionelle Vorteile haben, doch auch die Liste der Nachteile lässt sich mit Blick auf die Armeen jener Verbündeten leicht aufstellen, die diesen Schritt schon hinter sich haben. Entscheidender jedoch als die militärische Praxis ist der Verlust an gesellschaftlicher Verankerung und damit auch an demokratischer Legitimation, der mit der endgültigen Aufgabe der Wehrpflicht einhergehen wird. Was sie für die Bereitschaft des Parlaments bedeuten wird, die künftige Dienstleistungs-Armee auch außerhalb der eigenen Grenzen einzusetzen, bleibt abzuwarten. Vor diesem Hintergrund bedeutet die nun vorzeitig umgesetzte Verkürzung zwar noch einmal einen Aufschub, doch ist die Absicht erkennbar. Ironischerweise beklagen Experten selbst unter den Befürwortern der Wehrpflicht, dass ein sechsmonatiger Dienst eher sinnlos sei. Ins Schleudern kommen zudem die Wohlfahrtsverbände, da der Zivildienst natürlich angepasst werden muss. Gäbe es den nicht, wäre die Wehrpflicht möglicherweise noch schneller Geschichte. Doch mit denen des Wehr- sind auch die Tage des Zivildienstes gezählt. Die Gesellschaft verbaut sich (und ihren jungen Generationen) damit eine wertvolle Gelegenheit, das Gemeinwohl als konkrete Verpflichtung erleben zu können.
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