Südwest Presse: Kommentar zur Währungsunion
Geschrieben am 26-03-2010 |
Ulm (ots) - Etwas anderes war nicht zu erwarten. Einfach deshalb, weil es nie eine Alternative gab zu einem Notnagel für Griechenland und die anderen leichtfertigen Schuldenmacher in Euroland, den die Staats- und Regierungschefs der Eurozone nun einschlugen. Die Währungsunion ist eine ökonomische Schicksalsgemeinschaft. Eine Pleite Griechenlands hätte die gleichen üblen Folgen, die in der halbwegs überwundenen Finanz- und Wirtschaftskrise bereits zu besichtigen waren. Ob das wochenlange Hickhack vor dem Brüsseler Gipfel um eine sich hartnäckig zierende Angela Merkel tatsächlich populistischen Motiven wegen des Urnengangs in Nordrhein-Westfalen geschuldet war, bleibt offen. Die Hinhaltetaktik der Bundeskanzlerin könnte indes auch dazu gedient haben, den Preis für ihr unumgängliches Ja so weit wie möglich nach oben zu treiben. Es genügt nicht, dass der Hilfsmechanismus einzig zum Verhindern einer Staatspleite zu Marktkonditionen in Kraft tritt und die Schuldenmacher für eine laxe Budgetpolitik mit höheren Zinsen zur Kasse gebeten werden. Die Verständigung auf ein Sicherheitsnetz aus Notfallkrediten der Euroländer und des Internationalen Währungsfonds muss den Wendepunkt im Umgang der Staatsverschuldung markieren. Was die Merkel-Taktik tatsächlich wert war, wird man dann sehen, wenn EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy Vorschläge zur Verschärfung von Haushaltsüberwachung und Defektenverfahren bei Verstößen gegen den Euro-Stabilitätspakt vorstellt. Und dafür muss die Messlatte hoch liegen. Der Belgier hat die Verwässerung des Pakts, die auf die Kappe von Merkels Vorgänger Gerhard Schröder geht, genau so zu korrigieren, wie den Konstruktionsfehler des Maastricht-Vertrages, für den Einheits-Kanzler Helmut Kohl und dessen Kassenwart Theo Waigel verantwortlich zeichneten. Herr der Budget-Zahlen muss ein mit Kontrollrechten ausgestattetes EU-Statistikamt Eurostat werden, das Zahlentricksereien künftig auch tatsächlich aufdeckt, wie sie in Athen lange üblich waren. Sodann bedarf es einer durchsichtigen Bewertung der Haushaltspolitik in den Euroländern. Die Zeit geschönter Finanzplanungen, mit denen alle Länder beständig Fortschritte auf dem Pfad der Etat-Konsolidierung vorgaukelten, weil sie Zuflucht nahmen bei viel zu optimistischen Wachstumsannahmen, muss vorbei sein. Überfällig sind stattdessen klare Ansagen zur Entwicklung von Einnahmen und Ausgaben in den Haushalten, die sich in Brüssel zeitnah überprüfen lassen. Vor allem aber: Die Sünder können nicht länger auch die Richter sein. Über Strafzahlungen oder Abstriche bei Überweisungen aus der EU-Kasse dürfen nicht mehr die Finanzminister befinden. Das Sanktionsrecht muss bei der EU-Kommission - besser noch - bei der Europäischen Zentralbank liegen. Regelverschärfungen, die für die Zukunft ausschließen, dass die Staatsschulden in einem Euroland aus dem Ruder laufen, reichen nicht aus. Überfällig ist auch ein neuer Blick auf Etatdefizite, der ihre wirtschaftliche Wirkung im Auge behält. Die Vorstellung ein Haushalt müsse ausgeglichen sein, die hinter dem Stabilitätspakt steht, ist ökonomischer Unfug. Im Aufschwung befördern ausgeglichene Etats Inflationsrisiken, im Abschwung verschärfen sie den Rückschlag. Deshalb muss die Finanzpolitik in der Krise bewusst Defizite in Kauf nehmen, um die Talfahrt abzufedern. Dies setzt freilich voraus, dass im Aufschwung Schulden abgebaut werden - und zwar um so radikaler, je höher die Defizite sind. Ein ausgeglichener Haushalt ist dann eine rechnerische Größe, die sich über den Konjunkturzyklus hinweg ergibt. Und genau darauf müsste auch der Schuldendeckel des Stabilitätspaktes abzielen.
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