Berliner Morgenpost: Obamas Botschaft - Zuckerbrot und Peitsche
Geschrieben am 06-04-2010 |
Berlin (ots) - Barack Obama verfolgt weiter seinen und der meisten Menschen Traum von einer Welt ohne Atomwaffen. Doch er bleibt dabei Realist. Das ist beruhigend auf einem Globus, auf dem die politisch Verantwortlichen nicht wie einst im Kalten Krieg zwischen Ost und West ziemlich verlässlich auf ein rationales, also berechenbares Agieren und Reagieren der Gegenseite bauen konnten, sondern jetzt auf Gegner stoßen, die auf herkömmliche diplomatische, strategische und militärische Kategorien pfeifen oder - wie der internationale Terrorismus - staatlich überhaupt nicht organisiert sind. Die überarbeitete Strategie des amerikanischen Präsidenten für den Einsatz von US- Nuklearwaffen kommt denn auch dem Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche recht nah. Die Selbstverpflichtung Amerikas, keinen nuklearen Schlag gegen ein Land zu führen, das selbst keine Atomwaffen besitzt und sich an den Nichtverbreitungsvertrag über solche Einsatzmittel hält, ist eine gewichtige Schutzgarantie. Mit dem Ziel, einer unendlichen Vermehrung der Nuklear-Mächte vorzubeugen. Denn es ist ja bislang leider richtig, dass die beste Versicherung gegen einen feindlichen Atomschlag die eigene Atombombe ist. Doch die Weltmacht Amerika darf nicht erpressbar werden. Deshalb die Peitsche für die atomaren Möchtegerne, die sich wie der Iran, Nordkorea oder auch terroristische Organisationen weder an Verträge noch an internationale Kontrollen halten. Sie sind eine unkalkulierbare Bedrohung für den Frieden, gegen die der Rest der Welt auf allen Eskalationsstufen gerüstet sein muss. Obamas neue Doktrin ist denn auch eine gezielte Warnung; gegenüber Teheran und Pjöngjang. Der Präsident belässt es wohlweißlich nicht bei den Einsatzregeln für Nuklearwaffen. Er will zugleich den unter seinem Vorgänger George W. Bush zum Stillstand gekommenen internationalen Abrüstungsprozess wieder in Bewegung bringen. Auch das ist zu begrüßen. Aus deutscher Sicht deshalb, weil in logischer Konsequenz aus Obamas Zusicherung, die Verbündeten vor atomarer Erpressung seitens Dritter zu schützen, die letzten US- Nuklear- Sprengköpfe getrost aus der Eifel abgezogen werden können. International ist die Initiative bedeutsam, weil endlich wieder zwischen den beiden Großmächten USA und Russland nicht nur über die Reduzierung der beiderseitigen Überrüstung verhandelt wird, sondern bereits morgen in Prag beider Länder Präsidenten den Folgevertrag zur Begrenzung ihrer strategischen Rüstung unterzeichnen werden. Damit wird verschüttetes Vertrauen zwischen Washington und Moskau wieder freigesetzt. Das weckt Hoffnung auf weitergehende Abrüstung. Dabei wird es - und das ist neu - auf die Einbindung der neuen Großmacht China ankommen. Die Furcht vor der gegenseitigen atomaren Vernichtung hat Europa vierzig Jahre lang den Frieden bewahrt. Aber mit dem Ende des Kalten Krieges sind Nuklearwaffen leider nicht überflüssig geworden. Obamas kombinierte Atom- wie Abrüstungsbotschaft wird dem gerecht, hat also Gewicht - für Freund wie Feind.
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