Lausitzer Rundschau: zu: Grass, die SS und die Stasi
Geschrieben am 18-08-2006 |
Cottbus (ots) - Es war zu erwarten, dass jetzt nach der Waffen-SS auch noch kurzzeitig die Stasi durch das Leben des Schriftstellers Günter Grass geistert. Er hatte Anlass genug dafür gegeben in den Jahren seit dem Ende der DDR, als er sich gegen die Aktenöffnung der DDR-Geheimpolizei stellte und insbesondere die über ihn gesammelten Unterlagen unter Verschluss halten wollte. Da muss zwangsläufig die Frage aufkommen, ob er befürchtete, dass die Stasi wusste, dass er einiges zu verbergen hat. Aber so einfach ist der Fall Grass nicht gestrickt. Die Lebenslüge des Nobelpreisträgers ist ja nicht seine Jugendsünde in der Uniform mit dem Totenkopf. Sein Dilemma sind diese vielen Jahre der Verweigerung der Wirklichkeit. Die Waffen-SS passte nicht in das Leben, das er sich wünschte. Also gab es sie nicht. Und hier tut sich dann doch ein Zusammenhang auf mit seiner Abneigung, die Stasi-Akten offenzulegen. Grass ist darin ja auch nur ein exponierter Vertreter jener westdeutschen Altlinken, die in der Rückschau auf die DDR sofort antikommunistische Verirrungen befürchten. Er steht nicht nur in eigener Sache seit unzähligen Jahren dafür, dass die Fakten im Zweifelsfall der lieb gewordenen Haltung anheim fallen. Tatsächlich war die Waffen-SS nicht wie die Wehrmacht, die Stasi nicht wie der BND und die DDR nicht wie die BRD. Die Geschichte ist nicht ein Steinbruch, in dem man sich nach Belieben bedient, um anschließend um sich zu werfen. Wer im Umgang mit seinem Leben in die Lüge flüchtet, betrügt vor allem sich selbst. Er betrügt sich um all das, was notwendig, was hilfreich ist in der Auseinandersetzung um das Gewesene, das Getane. Dass er als junger Mann schrecklich belogen wurde, dafür hätte Günter Grass sich nicht schämen müssen. Darüber hätte er besser geschrieben. Hat er aber nicht.
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