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Bain-Analyse zum Kanzlergipfel Elektromobilität: Höchste Zeit zu Handeln

Geschrieben am 03-05-2010

München (ots) -

- Der Kanzlergipfel Elektromobilität muss vorrangig die
Forschungsförderung adressieren

- Der neuen Geschäftsstelle E-Mobilität kommt eine wichtige
Steuerungsfunktion zu

- Noch hat die deutsche Industrie die Chance, ihren Rückstand
aufzuholen

Mit der Gründung der Geschäftsstelle E-Mobilität geht die
Bundesregierung einen entscheidenden Schritt. Dadurch könne die
künftige öffentliche Förderung bei der Entwicklung elektrisch
betriebener Fahrzeuge nach einem einheitlichen Konzept zentral
gesteuert werden, wie es auch in vielen anderen Ländern bereits der
Fall sei. Dies gebe der deutschen Industrie die Möglichkeit, ihren
derzeitigen Rückstand bei Serienfahrzeugen mit Elektroantrieb noch
aufzuholen. Wie das gehen könnte, zeigt eine aktuelle Studie der
Unternehmensberatung Bain & Company auf.

Heute empfängt die Kanzlerin Vertreter aus der Automobil-,
Energie- und Technologieindustrie, um sich über ein gemeinsames
Arbeitsprogramm zur Förderung der Elektromobilität zu verständigen.
Dabei wird es vorrangig um Forschungsbeihilfen für die deutsche
Industrie gehen, denn die hinkt bei der Entwicklung serienreifer
Elektrofahrzeuge deutlich hinter der internationalen Konkurrenz aus
China, Frankreich, Japan und den USA her. Eine aktuelle Bain-Analyse
zeigt, dass die heute führenden E-Auto-Hersteller sehr häufig auf
eine nationale Förderpolitik von mehr als zehn Jahren zurückblicken
können - im Falle Japans sind es sogar fast 40 Jahre.

Deutschland steht dagegen erst am Anfang. Obwohl mit dem
Konjunkturpaket II von 2009 bis Ende dieses Jahres 500 Mio. EUR an
Fördermitteln in die Elektromobilität geflossen sind, wurde bisher
nur wenig für die deutsche Industrie erreicht, so die Bain-Analyse.
"Die Mittel des Konjunkturpakets II von 2009 wurden ohne einen
ministerienübergreifenden Masterplan an die unterschiedlichsten
regionalen Pilotprojekte verteilt. Dadurch besteht die Gefahr, dass
ihre industriepolitische Wirkung weitgehend verpufft." sagt Gregor
Matthies, Partner und Automobilexperte bei Bain & Company in München.
"Aufgabe der neuen Geschäftsstelle E-Mobilität des Wirtschafts- und
Verkehrsministeriums muss es deshalb sein, die Förderung nach einem
integrierten Konzept mit klaren Prioritäten zentral zu steuern. Zudem
müssen die vielen laufenden Forschungsprojekte aufeinander abgestimmt
und viel stärker miteinander vernetzt werden."

Infrastruktur-Investitionen zunächst nicht notwendig

Der Aufbau einer öffentlichen E-Mobiltäts-Infrastruktur sollte
nach Ansicht von Bain zunächst keine Priorität genießen. Die meisten
E-Auto-Nutzer der ersten E-Mobilitäts-Phase werden sich mit der
Reichweite rund um ihre Ladestation begnügen. Es sind einerseits
wohlhabende Privatleute, die bereits ein Premiumfahrzeug besitzen und
das E-Auto von zuhause aus als Zweitfahrzeug für den Nahverkehr
nutzen wollen. Andererseits sind es kleine und große Unternehmen, die
ihre Firmenwagen auf dem eigenen Parkplatz laden können. "Interessant
für Deutschland könnten deshalb neben der Forschungsförderung für die
Industrie auch Steuererleichterungen für elektrische Firmenwagen
sein", meint Automobilexperte Matthies. "Dies könnte nach dem Vorbild
der britischen E-Mobilitäts-Förderung sowohl die Nutzer von
Dienstwägen als auch die Unternehmen entlasten."

Untersuchungen haben ergeben, dass der Deutsche pro Tag
durchschnittlich nur knapp 40 Kilometer zurücklegt. Das bedeutet
konkret, dass 80 Prozent der Autofahrer ihr E-Auto abends mit
deutlich mehr als der halben Batterieladung in der heimischen Garage
zum Wiederaufladen abstellen werden. Investitionen in neue Kraftwerke
werden durch die E-Mobilität ebenfalls zunächst nicht nötig. Selbst
bei einem Anteil der E-Autos von 20 Prozent stiege der Stromverbrauch
lediglich um rund vier Prozent, die zudem vorwiegend nachts anfielen.

Vorrangiges Ziel der E-Mobilitäts-Förderung muss jedoch die
Unterstützung und Koordination einer branchenübergreifenden Forschung
sein, die von der Batterie bis zum fertigen System reicht. Trotz des
späten Starts der deutschen Industrie in die E-Mobilität ist ein
Aufholen nach Ansicht der Bain-Berater möglich: "Spät, dafür aber
besser - das hat eine lange Tradition bei deutschen Ingenieuren",
meint Matthies. "Und bisher waren sie mit dieser Taktik ja auch meist
erfolgreich."

Verheißungen der E-Mobilität öffnen die Staatskassen weltweit

Andere Länder haben bereits vor vielen Jahren begonnen, die
E-Mobilität intensiv zu fördern, allen voran Japan. Die
technologische Führung der japanischen Industrie bei den
Hybrid-Fahrzeugen hat ihren Ursprung auch in den intensiven
staatlichen Förderprogrammen zu Elektro- und Hybridantrieben. Für
China gibt es zwei Aspekte, die die E-Mobilität für das Land
besonders interessant machen: Einerseits hat die heimische
Automobilindustrie bei der noch jungen E-Auto-Technologie die Chance,
schnell zur internationalen Konkurrenz aufzuschließen, andererseits
leiden viele chinesische Großstädte unter einer hohen Smog-Belastung,
die durch E-Autos gelindert werden könnte. Frankreich widerum wittert
die Chance, mit einer großangelegten E-Mobilitäts-Initiative der zu
weiten Teilen in Staatsbesitz befindlichen Automobilindustrie neue
Impulse geben zu können.

China

China begann im Jahr 2001, die Forschung und Entwicklung von
E-Autos mit progressiv ansteigenden Beträgen zu subventionieren. Bis
2005 flossen 100 Mio. EUR in die neue Technologie, von 2006 bis Ende
2010 sind es weitere 550 Mio. EUR. Die chinesische Regierung fördert
öffentliche Elektrobusse mit 55.000 EUR und E-Autos für den
öffentlichen Dienst mit 6.700 EUR. Einige Städte haben zudem
begrenzte Subventionen für Käufer angekündigt, so will etwa Chongqing
für die ersten 100 Käufer des E-Autos "Chana Jiexun" neben einem
Zuschuss auch eine dreijährige Maut-Befreiung gewähren. Die Mehrheit
der Automobilexperten in China glaubt, dass eine E-Auto-Penetration
von 5 Prozent bereits bis zum Jahr 2015 möglich ist.

Frankreich

Bereits vor der Jahrtausendwende subventionierte Frankreich
Hersteller und Käufer von E-Autos mit insgesamt 230 Mio. EUR. Im Jahr
2005 flossen 40 Mio. EUR in die Erforschung und Entwicklung
alternativer Antriebe, im folgenden Jahr 120 Mio. EUR und von 2007
bis 2009 waren es 250 Mio. EUR. Neben direkten Förderungen für die
Automobilforschung sind bis zum Jahr 2020 Käufersubventionen von
5.000 EUR je Auto, eine kostenlose Autozulassung und verringerte
nächtliche Ladegebühren geplant. Bis zum Jahr 2020 plant Frankreich,
670 Mio. EUR in die Elektromobilität zu investieren.

Japan

Die japanischen Behörden haben seit 1971 kontinuierlich in die
E-Mobilität und in Hybrid-Technologien investiert. Es gab mehrere
langjährige Forschungsprojekte mit breiter Industriebeteiligung, ein
Infrastrukturprojekt für Stromtankstellen, den "Clean Energy Vehicle
Diffusion Plan" zur Einführung saubererer Fahrzeuge und das
Millennium Projekt zur E-Komponenten-Standardisierung. 2008 und 2009
investierte die japanische Regierung jeweils rund 50 Mio. EUR in die
Elektromobilität, 2010 werden es 100 Mio. EUR sein. Bisher hat die
japanische Regierung keine offizielle Ankündigung zur weiteren
Förderung der E-Mobilität gemacht. Regierungsvertreter erwarten
jedoch eine Käufer-Subvention von 2.000 EUR für den Wechsel von einem
mehr als 13 Jahre alten Auto zu einem E-Auto, eine Befreiung von E-
und Hybridautos von der KFZ-Steuer sowie eine Senkung der Steuern um
50 bis 70 Prozent für Käufer von schadstoffarmen und
kraftstoffsparenden Autos.

USA

Die USA subventionierten die Entwicklung von Elektrofahrzeugen
zwischen 1993 und 1998 mit insgesamt 455 Mio. EUR und auch danach
flossen kontinuierlich Staatsgelder in die F&E von Elektrofahrzeugen.
Bis 2016 will die US-Regierung weitere 1,5 Mrd. EUR an
Forschungsbeihilfen gewähren. Zudem haben die USA Käufer-Subventionen
angekündigt. Im Gespräch ist ein Kredit von 1.800 EUR für jedes Auto
mit einer Batteriekapazität von mehr als 4.000 kWh sowie 316 EUR für
je weiterer 1.000 kWh. Bei Hybridfahrzeugen soll es für die ersten
60.000 Fahrzeuge je Hersteller einen Kredit von 2.600 EUR geben.
Zudem sollen E-Autos umsonst parken dürfen und von Gebühren für
Straßenerhalt und Maut befreit werden.

Großbritannien

In Großbritannien sollen E- und Hybrid-Autos ab 2011 einen
Kaufzuschuss von 25 Prozent erhalten, bis zu einer Grenze von 5.800
EUR, dazu eine 50%-Reduzierung für das Aufladen über Nacht sowie
Befreiungen von den Steuer- und Anmeldungskosten, Mautgebühren und
den Londoner Stau-Zuschlägen. Für Firmenwagen sind spezielle
E-Auto-Sätze für die Abschreibung vorgesehen. Zudem fördert London
die Einrichtung von Parkplätzen mit Ladegelegenheit, auf denen nur
Car Club-Autos stehen dürfen. Bis 2020 soll das Programm rund 2,6
Mrd. EUR kosten.

Originaltext: Bain & Company
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/19104
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_19104.rss2

Pressekontakt:
Leila Kunstmann-Seik
Bain & Company Germany, Inc.
Karlsplatz 1, 80335 München
E-Mail: leila.kunstmann@bain.com
Tel.: +49 (0)89 5123 1246


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