Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Rettungspaket für den Euro
Geschrieben am 10-05-2010 |
Bielefeld (ots) - Glück gehabt! Der tiefe Griff in künftige Staatskassen hat seine Wirkung nicht verfehlt. Währung und Aktienkurse haben ihre Talfahrt wenn nicht beendet, so doch auf jeden Fall für einige Zeit unterbrochen. Es ist wie beim Poker: Wenn die andere Seite ihr ganzes Geld einsetzt, dann beeindruckt das auch den hartgesottensten Spekulanten. Entschlossenes Handeln hatte sich schon bei der Bankenrettung bewährt. Trotzdem ließen es Europas Regierungschefs in der Griechenland-Krise öfter daran fehlen. Hoffentlich müssen die beschlossenen 750 Milliarden Euro von EU und IWF - fast das 2,4-fache des deutschen Staatshaushalts - nicht wie beim Pokern üblich auch bald »zum Sehen« vorgelegt werden. Die Rechnung für den Steuerzahler wird so schon hoch genug. Das wundert keinen, der vielleicht schon mal einen Kontokorrentzins für die Bereitstellung von Bankgeldern bezahlen musste. Auf der anderen Seite zeigt ein erneuter kurzer Blick zurück auf die Bankenkrise, dass das Pokern mit Geldern, die »hoffentlich« niemals fällig werden, zum Geschäft gehört. Doch diese Hoffnung geht selten zu 100 Prozent auf. Darum kann die jetzige Euro- und EU-Staatenkrise auch nur gelöst werden, wenn alles getan wird, um die nächste Überschuldung eines Mitglieds zu verhindern. Die Maßnahmen, die dafür am Wochenende in Brüssel auf den Weg gebracht wurden, sind ein großer, aber doch nur ein erster Schritt. Am Ende aber müssen die Nationalstaaten in Europa weitere Kompetenzen abgeben. Der Schaden durch die Griechenlandkrise ist schon jetzt zu groß und der Euro zu wertvoll, als dass Europa die Kontrolle der Staatsfinanzen ausschließlich den Ländern selbst überlassen darf. Wünschenswert ist ein zweiter Maastricht-Vertrag mit einer Verschuldungsgrenze, wie sie das deutsche Grundgesetz ab 2016 vorschreibt. Wenn das gelingt, bleibt der Euro hart. Ansonsten droht eine Inflation, unter der vor allem Rentner und kleine Sparer leiden müssten. Die letzte Alternative wären Steuererhöhungen - undenkbar, weil mit der Gefahr verbunden, dass die Wirtschaft kollabieren würde. Die Europäische Union kann den Wirbeln, die die Schuldenkrise verursacht, standhalten. Andere Staaten werden diesem Sog nur sehr viel schwerer widerstehen. Vielleicht wird die eine oder andere staatliche Insolvenz endlich für so viel Druck sorgen, dass das Zocken zu Lasten ganzer Staaten international unterbunden werden kann oder unattraktiv wird.
Originaltext: Westfalen-Blatt Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2
Pressekontakt: Westfalen-Blatt Nachrichtenleiter Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
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