Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTARE Linke-Parteitag Lafontaines Erben ALEXANDRA JACOBSON, ROSTOCK
Geschrieben am 16-05-2010 |
Bielefeld (ots) - Oskar Lafontaine ist weg. Doch hat er genügend Erben an der Spitze der Linken installiert, um indirekt weiter präsent zu sein. So ist sein treuer Fan Klaus Ernst nun selbst ein Parteivorsitzender. Ohne Lafontaine hätte die Linke ihre Stärke nicht erreicht. Er hat vor allem im Westen die von der SPD Enttäuschten eingesammelt. Aber der Saarländer hinterlässt Konflikte und Bruchlinien. Das Ost-West-Verhältnis belastet die Partei weiterhin. Inhaltlich hat Lafontaine die Weichen eher auf Klassenkampf als auf Realpolitik gestellt. Von Privateigentum hält er wenig, und so macht sich die Linke für Verstaatlichungen und Belegschaftseigentum stark. Eine kritische Aufarbeitung der DDR-Erfahrung mit Staatseigentum fehlt bislang. Ungeklärt bleibt der Konflikt zwischen Realpolitikern und Fundamentalisten. Die Gretchenfrage "Wie hältst du es mit dem Regieren?" stellt sich durch NRW für Westlinke neu. Für die radikalen Westlinken war Regieren bisher eine eher suspekte Tätigkeit, die den Ostgenossen vorbehalten war, die dann als "Reformer" verhöhnt wurden. Nun kommt die Aussicht der Regierungsverantwortung ganz nahe heran an den NRW-Landesverband, der es sich bisher im schlichten Weltbild der Antikapitalistin Sahra Wagenknecht gemütlich eingerichtet hatte. Demnach sind die Linken die einzig guten, und alle anderen sind die bösen Neoliberalen. Demnach machen Linke Druck, aber schließen keine Kompromisse. Dabei erwarten die Wähler von den Linken eine sozialere Politik im Hier und Jetzt und wollen nicht auf die Revolution warten. Doch Fakt ist, dass die Westlinken Angst haben vorm Regieren. Ob es den Sozialdemokraten in Düsseldorf gelingen kann, die Linke jetzt schon in ein rational agierendes Koalitionsbündnis zu lenken, darf deshalb mit Fug und Recht bezweifelt werden.
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