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Lausitzer Rundschau: Eine Lanze gegen die Vernunft Was Ballacks WM-Aus für Deutschland bedeutet

Geschrieben am 17-05-2010

Cottbus (ots) - Die Nachricht des Tages bestand am Montagvormittag
aus drei Worten: "WM ohne Ballack". Das war garantiert die am meisten
gebrauchte Formulierung in Telefonaten, E-Mails, SMS-Nachrichten,
Twitter-Beiträgen oder in Internetforen bundesweit. Da war plötzlich
der schwache Euro nebensächlich, die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko
irgendwie viel zu weit weg. Der Mann, der Deutschlands Hoffnungen in
Südafrika bis zum WM-Titel tragen sollte, fehlt. Verletzt am Knöchel,
durch ein brutales Foul des ehemaligen DFB-Spielers Kevin-Prince
Boateng, der in Südafrika allerdings für Deutschlands Gruppengegner
Ghana auflaufen wird. Hat er unseren Ballack etwa mit Absicht
umgelegt? Und wer soll den "Capitano" ersetzen? Schweinsteiger oder
gar Frings? Fragen, die am Montagmittag allerdings schnell in die
zweite Reihe gedrängt wurden. Typisch deutsch wurde auch in der
RUNDSCHAU-Redaktion erst einmal etwas Grundsätzliches diskutiert: Ist
Ballacks Ausfall wirklich Eilmeldungen und Sondersendungen wert? Ist
der gefühlte nationale Notstand nicht vielmehr eine allgemeine
Ausblendung dessen, was wirklich zählt? Schnell spalteten sich Nation
und Redaktion in zwei Lager. Das eine - wohl eher nüchtern und
vernünftig - beförderte schnell den Euro und das Öl zurück nach oben
auf die Prioritätenliste. Im Gegensatz zum Schicksal des verstorbenen
Torhüters Robert Enke wurde Ballacks Knöchel von einigen rigorosen
Vertretern dieser nüchternen Vernunft sogar auf Höhe des umgefallenen
Sackes Reis in China positioniert. Das andere Lager hingegen -
wichtigstes Merkmal ist vermutlich die von Vernunft ungetrübte
Emotionalität - leidet hingegen mit Ballack und dem hiesigen Fußball.
Es passiert schließlich nicht alle Tage, dass der beste deutsche
Fußballer des Jahrzehnts vorzeitig um seine mögliche Krönung gebracht
wird. Tragischer für die Fans hierzulande ist allerdings, dass durch
Ballacks Ausfall die deutschen Titel-Chancen rapide sinken. Er ist
seit Jahren das Herzstück dieser Mannschaft - wenn man ehrlich ist,
sogar der einzige echte Weltstar in den deutschen Reihen. Weil
Nationaltorhüter René Adler - in den entscheidenden
Qualifikationsspielen die Rückversicherung für die Löw-Elf - zuvor ja
auch schon verletzt absagen musste, geht die deutsche Mannschaft
jetzt also ohne Herz und ohne Rückgrat ins Turnier. Das ist so, als
wenn Weltmeister Italien 2006 ohne Andrea Pirlo und Gianluigi Buffon
angereist wäre. Oder Europameister Spanien 2008 auf Xavi und Iker
Casillas hätte verzichten müssen. Um mal eine Lanze gegen die
Vernunft zu brechen: Alles andere als der gefühlte nationale Notstand
wäre dort doch dann fast Vaterlandsverrat gewesen.

Originaltext: Lausitzer Rundschau
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/47069
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_47069.rss2

Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de


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